BVR zum Jahresgutachten der Wirtschaftsweisen: Modernisierungsstau
endlich angehen!
Berlin (ots) - Die Notwendigkeit einer umfassenden Modernisierung der deutschen
Volkswirtschaft steht zu Recht im Mittelpunkt des Jahresgutachtens des
Sachverständigenrats zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung,
der sogenannten Wirtschaftsweisen. Nach Auffassung des Bundesverbandes der
Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) erfordert der enorme
Modernisierungsstau eine Wirtschaftspolitik, die auf eine Stärkung des
Wirtschaftsstandorts Deutschland abzielt. "Deutschland braucht eine
Wirtschaftspolitik aus einem Guss, die das Wachstum erhöht und die
Wettbewerbsfähigkeit stärkt", so BVR-Präsidentin Marija Kolak. Eine stärkere
Priorisierung von zukunftsgerichteten Ausgaben sei hierbei unverzichtbar. Die
von den Wirtschaftsweisen vorgeschlagenen Mindestquoten für zukunftsgerichtete
Ausgaben etwa für Verteidigung sowie ein Verkehrsinfrastrukturfonds mit eigenen
Einnahmen, beispielsweise aus einer Maut, könnten hierzu einen Beitrag leisten.
Erfreulicherweise hat der Sachverständigenrat dem wichtigen Thema Wohnen ein
Sonderkapitel gewidmet. Vielerorts kann der Wohnungsbedarf bei Weitem nicht
gedeckt werden. "Der Wohnungsmangel ist aktuell eines der größten
sozialpolitischen Probleme. Die Wirtschaftsweisen stellen richtigerweise die
Ausweitung des Wohnungsangebots in den Mittelpunkt ihrer Forderung. Die von den
Sachverständigen vorgeschlagene Erhöhung der Verfügbarkeit von Bauland, die
Senkung der Baukosten und eine Senkung der Grunderwerbssteuer sind geeignete
Instrumente zur Erhöhung des Wohnraumangebots. Darüber hinaus können zusätzliche
Impulse beispielsweise durch eine Stärkung der Attraktivität der Förderprogramme
erreicht werden", so Kolak.
Digitaler Euro muss sich in funktionierenden privaten Markt einfügen
Positiv hervorzuheben sei auch, dass sich die Wirtschaftsweisen erstmals mit dem
geplanten digitalen Euro beschäftigen. Die Erwartung, dass der digitale Euro aus
volkswirtschaftlicher Sicht eine kostengünstige Alternative zu den bisherigen
Zahlverfahren darstellen werde, sei bei den aktuellen Planungen zur
Ausgestaltung allerdings zweifelhaft. Auch seien die Hoffnungen, dass die
aktuell diskutierten Haltelimite für den digitalen Euro von bis zu 3.000 Euro
pro Bürger nur zu geringen Auswirkungen auf das Kreditangebot und die
Finanzstabilität führen werden, von den Sachverständigen nicht ausreichend
empirisch unterlegt. Hohe Haltelimite dürften in Zeiten angespannter
Finanzmärkte krisenverstärkend wirken.
Richtigerweise heben die Wirtschaftsweisen allerdings hervor, dass es Aufgabe
der Wettbewerbspolitik sei, Maßnahmen gegen einen von wenigen dominierenden
Wettbewerbern geprägten Markt, wie etwa durch die hohe Bedeutung internationaler
Anbieter im gesamteuropäischen Zahlungsverkehr, zu ergreifen. Den Weg
wettbewerbspolitischer Instrumente hat die Politik aber nicht gewählt.
Stattdessen plant die Europäische Zentralbank (EZB) die Einführung eines
digitalen Euro als staatliches Zahlverfahren. Dies lasse sich in einem bislang
funktionierenden privaten Markt wettbewerbspolitisch nicht begründen.
Der BVR teilt das Konjunkturbild des Sachverständigenrats. Die Absenkung der
Prognosewerte für das preisbereinigte Wirtschaftswachstum auf -0,1 Prozent für
2024 und 0,4 Prozent für 2025 erscheint nicht zuletzt aufgrund der neuen
wirtschaftspolitischen Unsicherheiten angemessen. Es ist unklar, welche
Maßnahmen die derzeit amtierende Minderheitsregierung in Deutschland noch
ergreifen kann und welchen Kurs die nächste Bundesregierung einschlagen wird.
Auch welche Folgen der bevorstehende Regierungswechsel in den USA haben wird,
lässt sich noch nicht genau abschätzen. Die angekündigten US-Importzölle dürften
den Außenhandel der deutschen Wirtschaft spürbar belasten. Aber auch die
Investitionen und der private Konsum dürften angesichts der enormen
Unsicherheiten geringer ausfallen als noch im Frühjahr für möglich gehalten.
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