BVR: Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts sollte bessere Anreize
für den Schuldenabbau setzen
Berlin (ots) - Wenn die Europäische Kommission im Herbst dieses Jahres ihre
Reformvorschläge für den europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt vorstellen
wird, sollte nach Ansicht des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und
Raiffeisenbanken (BVR) der Schuldenabbau im Mittelpunkt stehen. "Die anhaltend
hohen Schuldenstände stellen eine Gefahr für den langfristigen Erfolg des Euro
dar", warnt BVR-Vorstand Dr. Andreas Martin.
Bislang hätten die Fiskalregeln nicht den Aufwärtstrend der Schuldenquoten
umkehren können. Daher müsste der Stabilitäts- und Wachstumspakt deutlich
wirkungsvoller werden. Dr. Martin weiter: "Die Einhaltung der mittelfristigen
Haushaltsziele sollte Priorität haben. Sie geben länderspezifische Schritte in
Richtung Haushaltsausgleich vor. Bei entsprechendem Wirtschaftswachstum lässt
ihre konsequente Einhaltung dann die Schuldenquoten quasi automatisch sinken."
Damit die Haushaltsziele besser eingehalten werden, müsse das gesamte Regelwerk
einfacher und verbindlicher werden. Hierzu sollten viele der Ausnahmeregelungen
gestrichen werden. Die Beurteilung der Haushaltslage sollte zudem zukünftig
nicht von der Europäischen Kommission, sondern von einer unabhängigen Behörde
wie beispielsweise dem europäischen Rettungsschirm ESM vorbereitet werden. Die
Einrichtung einer europäischen Fiskalkapazität zur Finanzierung von
Zukunftsinvestitionen und dem Ausgleich von Konjunkturzyklen in einzelnen
Mitgliedsstaaten, wie sie zuletzt der Internationale Währungsfonds vorgeschlagen
hat, sei hingegen abzulehnen. Sie würde die Verschuldung der Gemeinschaft weiter
erhöhen, ohne die Widerstandskraft der Volkswirtschaften nennenswert zu
verbessern.
Die Reform sei auch wichtig, weil die anhaltend hohen Schuldenstände die
Handlungsfähigkeit der Geldpolitik einschränken. Bei hohen Renditedifferenzen
zwischen hochverschuldeten Staaten im Vergleich zu Staaten mit moderaten
Schulden wie etwa Deutschland wirkt die Geldpolitik nicht einheitlich. Um dies
verhindern zu können, hat die Europäische Zentralbank (EZB) im Juli das neue
Anleihekaufprogramm TPI (Transmission Protection Instrument) beschlossen, mit
dem die EZB Anleihen hochverschuldeter Staaten ankaufen kann. Das TPI sei jedoch
eine schwierige Gratwanderung, so der BVR.
Die EZB müsse unter dem TPI schwierige Entscheidungen über die Tragfähigkeit der
Wirtschafts- und Finanzpolitik von Mitgliedsstaaten treffen. Dies würde ihre
Entscheidungen noch politischer machen und könnte letztlich ihrer
Glaubwürdigkeit schaden. Auch würde zusätzlicher Druck entstehen, bereits im
Vorfeld auf die Feststellung übermäßiger Defizite im Rahmen des Stabilitäts- und
Wachstumspakts zu verzichten, um den betroffenen Staaten den Zugang zu den
EZB-Mitteln nicht zu verschließen.
Der aktuelle Konjunkturbericht des BVR ist im Internet unter http://www.bvr.de ,
Publikationen, Volkswirtschaft abrufbar .
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