Zu wenig versprochen, Kommentar zur Commerzbank von Anna Sleegers
Frankfurt (ots) - Die Commerzbank hat ein weiteres Mal geliefert. Den bereits
angekündigten Belastungen aus dem Geschäft der polnischen Tochter zum Trotz hat
das Institut im dritten Quartal das beste Ergebnis seit mehr als einem Jahrzehnt
verbucht. Dank der vor allem in Polen massiv gestiegenen Zinsen schrammte der
Konzern mit einem Nettogewinn von 963 Mill. Euro in den ersten neun Monaten nur
knapp am für das Gesamtjahr avisierten Milliardenziel vorbei.
Offensichtlich ist es dem Management in den vergangenen anderthalb Jahren
gelungen, die Kosten in den Griff zu bekommen und die Effizienzvorteile des
digitalen Vertriebs zu nutzen. So ist nach Angaben der Commerzbank der Abbau von
mehr als 8000 Stellen bereits geregelt. Um die 450 geschlossenen Filialen zu
ersetzen, hat die Privatkundensparte bundesweit zwölf Beratungszentren in
Betrieb genommen. Und noch in diesem Monat sollen die ersten Mittelstandskunden
in die neu aufgebaute Direktbank überführt werden.
Mehr noch als die mit Ausnahme einiger kleinerer Modifizierungen recht
konsequente Umsetzung seines Strategieprogramms spielte dem als Sanierer
angetretenen Konzernchef Manfred Knof die Zinswende in die Hände, auf die sein
Vorgänger so lange vergeblich gewartet hatte. So legte der im dritten Quartal
erwirtschaftete Zinsüberschuss im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um mehr als 40
Prozent auf 1,6 Mrd. Euro zu. Das reichte aus, um den auf das schwächelnde
Wertpapiergeschäft zurückzuführenden Rückgang des Provisionsüberschusses um gut
4 Prozent auf 0,8 Mill. Euro gut zu verschmerzen.
Angesichts dieser mehr als soliden Entwicklung und der Aussicht auf weiteren
Rückenwind durch die beschlossenen und noch zu erwartenden Zinserhöhungen im
Euroraum bekräftigte Finanzchefin Bettina Orlopp, dass sich die Aktionäre auf
die Ausschüttung einer Dividende einstellen können. Zugleich setzte sie auch
die Ziele des laufenden Restrukturierungsprogramms "Strategie 2024" herauf.
Warum nur brach der Aktienkurs daraufhin um mehr als 7 Prozent ein?
Es sieht so aus, als ob die Commerzbank in der Verlässlichkeitsfalle steckt.
Nach knapp zwei Jahren Restrukturierung hat sich der Markt daran gewöhnt,
dass sie immer ein wenig mehr abliefert als versprochen. Daher kann Orlopp mit
der Erhöhung der Prognose für 2024 keinen Hund mehr hinter dem Ofen
hervorlocken. Längst rechnen die Analysten damit, dass die Erträge 2024 die
Marke von 10 Mrd. Euro überschreiten werden. Daran ändert auch die zuvor
ausgegebene Prognose von 9,1 Mrd. Euro nichts. Gleiches gilt für das operative
Ergebnis, das 2024 trotz inflationsbedingt steigender Kosten mit 3,2 Mrd. Euro
höher ausfallen soll als die bislang prognostizierten 3,0 Mrd. Euro.
Vorwerfen sollte man der Commerzbank diese Vorsicht jedoch nicht, im Gegenteil.
Vor dem Hintergrund der konjunkturellen Unsicherheit, mit der die Kunden der
Commerzbank ins nächste Jahr gehen, ist Zurückhaltung mehr als geboten. Der
heutige Blick auf den Kursticker mag für die Aktionäre der Commerzbank
unerfreulich sein. Doch ein schlechter Tag an der Börse ist allemal besser als
optimistische Prognosen, die in ein paar Monaten womöglich schon wieder
kassiert werden müssen.
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