Teure Notbremse, Kommentar zur Strom- und Gaspreisbremse von Angela
Wefers
Berlin (ots) - Auf den letzten Drücker vor dem Beginn der abschließenden
Haushaltsberatungen für den Etat 2023 hat es die Ampel-Regierung geschafft, die
Gesetzentwürfe für die Strom- und Gaspreisbremse sowie die außerordentliche
Gewinnabschöpfung bei Kraftwerksbetreibern vorzulegen. Immerhin plant die
Regierung, dieses, nächstes und übernächstes Jahr bis zu 200 Mrd. Euro zur
Abfederung der hohen Preise auf dem Energiemarkt auszugeben und dies über
Schulden zu finanzieren. Da ist es schon angebracht, dass das Parlament sein
Budgetrecht auf Basis eines Gesamtbildes ausüben darf.
Erlegen ist der Bund wieder einmal der Forderung der Länder. Die Gaspreisbremse
kommt faktisch bereits zum Jahresbeginn 2023 und nicht erst Anfang März. Darauf
hatten die Länder in ihren Finanzverhandlungen mit dem Bund über die Aufteilung
der Kosten gedrungen. Die Energieversorger hatten schon der Gaspreiskommission
glaubhaft gemacht, schneller als zum März sei der komplexe Ausgleichsmechanismus
nicht umzusetzen.
Die Kommission hatte deshalb als Überbrückung bis dahin die einmalige Pauschale
vorgeschlagen, die für drei Monate reichen sollte. Auf Druck der Länder kommt
nun beides - die Dezemberhilfe als Überbrückungspauschale und die rückwirkende
Erstattung für Januar und Februar. Gezahlt wird indessen alles allein vom Bund:
9 Mrd. Euro für die Dezemberhilfe und weitere 5 Mrd. Euro für die beiden
Anfangsmonate. Die Gesetzentwürfe, die noch dieses Jahr verabschiedet werden
müssen, laufen damit sicher leichter durch den Bundesrat. Dennoch haben die
Bundesländer ein Geschäft zulasten Dritter gemacht. Denn die Kredite für die
zusätzlichen Ausgaben muss nur der Bund zurückzahlen.
Gut ist, dass die Regierung mit der Notbremse für Gas und Strom den Rat der
Gaspreiskommission umsetzen will, die Preise zu subventionieren, ohne den Anreiz
zu geringerem Verbrauch zu verlieren. Dies gelingt über die Mischung eines
subventionierten Sockelbetrags und eines Spitzenverbrauchs zu Marktpreisen. Bis
Ende April 2024 soll dieser Mechanismus greifen. Schon heute müsste die Ampel
aber über den Exit nachdenken: Denn es ist unwahrscheinlich, dass der Sprung auf
die 2024 höheren Energiepreise still und leise vonstatten gehen wird.
Problematisch bleiben krisenbedingte Ad-hoc-Eingriffe ins System dennoch. Die
Erlösabschöpfung bei Kraftwerksbetreibern soll alle Energiearten betreffen,
ausgerechnet aber nicht Steinkohle. Sonst könnte die Wirtschaft die Verstromung
von Kohle zugunsten knappen Gases wieder herunterfahren. Der Markt wirkt hier
stärker als die beabsichtigte Intervention, so die Sorge. Überhaupt: Hohe
Gewinne schöpft der Fiskus bereits über die Körperschaftsteuer ab. Einen
Eingriff in die Erlöse hatte das Finanzministerium bei den Überlegungen zu einer
Digitalsteuer noch hart bekämpft.
Konsistenter ist die Bundesregierung bei der Forderung nach einem Dividenden-
und Boni-Verbot für Firmen mit staatlicher Hilfe aufgestellt. Dies soll nur
Firmen betreffen, die staatliches Kapital brauchen. Andernfalls dürfte
konsequenterweise auch der Bäcker nicht "per Kasse an Gesellschafter" buchen. Ob
die Abgeordneten im Bundestag dem folgen werden, ist allerdings alles andere als
sicher.
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