Tesla testet Marktmacht, Kommentar von Sebastian Schmid
Frankfurt (ots) - Tesla hat im dritten Quartal weniger erlöst als
prognostiziert. Die Aktie verlor daraufhin zunächst gut 5 Prozent an Wert.
Bedeutet dies, dass der Musk-Konzern ein Nachfrageproblem hat, womöglich auf dem
absteigenden Ast ist? Jeder Wettbewerber, der Hoffnungen in diese Richtung hegen
sollte, ist gut beraten, diese schnell zu begraben. Es spricht wenig dafür, dass
ein Nachfragemangel den US-Konzern ausgebremst haben könnte. So hat der
Elektroautovorreiter für das dritte Quartal noch immer einen Anstieg von
Auslieferungen und Erlösen um mehr als 50 Prozent ausweisen können. Musk
kündigte zudem an, dass Tesla ein "episches Jahresende" erleben dürfte. Das ist
zu diesem Zeitpunkt selbst für den vollmundigen Konzerngründer eine Ansage.
Gründe für Optimismus hat er in Fülle. In den vergangenen Monaten konnte Elon
Musk mehrfach antesten, wie mächtig die Marke Tesla mittlerweile ist. Selbst
drastische Preiserhöhungen - auch in Deutschland - haben die Nachfrage nicht
gebremst. Im Gegenteil: Hierzulande ist Tesla in diesem Jahr mit weitem Abstand
die Nummer 1 bei batterieelektrischen Fahrzeugen. Während Volkswagen 2022
bislang sogar deutlich rückläufige Auslieferungen seiner ID-Fahrzeuge (minus 40
Prozent) hierzulande hinnehmen musste, ist Tesla (plus 48 Prozent) kräftig
gewachsen.
Begrenzender Faktor bleibt damit vorerst die Verfügbarkeit der Fahrzeuge. Diese
könnte sich zeitnah indes bessern. Denn der US-Konzern hat sich entschieden, die
Parksensoren aus den Volumenmodellen 3 und Y ab sofort zu entfernen. Ein
Softwareupdate soll über die diversen Kameras eine neue Einparkhilfe bringen.
Dass sich Musk traut, ein in fast allen Fahrzeugsegmenten zum Standard zählendes
Feature zu entfernen, zeugt von enormem Selbstvertrauen. Helfen könnte es Tesla
an zwei Fronten. Erstens ist es ein Bereich weniger, in dem Lieferengpässe für
Produktionsprobleme sorgen könnten. Zweitens dürfte es die Marge treiben, dass
die Autos in der Produktion günstiger werden. Schon heute spielt Tesla mit einer
operativen Marge von 17,1 Prozent auf Porsche-Niveau - bei deutlich höheren
Absatzvolumina. Der Abstand bei Letzteren wächst zudem, so dass die
Skalenvorteile der Amerikaner weiter wachsen und damit auch die Marge.
Volkswagen will derweil ans Zeichenbrett zurück. VW-Markenchef Thomas Schäfer
hat auf dem IFA-Branchengipfel angekündigt, sowohl in der Hard- als auch in der
Software der ID-Modelle die Produktsubstanz verbessern zu wollen. Der erste
Anlauf der Elektrooffensive aus Wolfsburg ist wohl gescheitert. Der zweite
Anlauf wird nicht einfacher. Platzhirsch Tesla hat mittlerweile deutlich mehr
Marktmacht als beim ersten Anlauf von VW.
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