Fokus und Umsetzung, Kommentar zu VW von Carsten Steevens
Frankfurt (ots) - Bis 2030 will Volkswagen auch bei Elektrofahrzeugen
Marktführer in China sein und damit sicherstellen, dass die in der Ära der
Verbrennerfahrzeuge während der vergangenen vier Jahrzehnte aufgebaute Position
als Nummer eins im weltgrößten Automarkt in Zukunft Bestand hat. Auch wenn die
starke Abhängigkeit in Anbetracht geopolitischer Risiken bedenklich ist und die
Präsenz in anderen Marktregionen wie Nordamerika verstärkt werden soll: Europas
größter Autobauer, im Verlauf der Coronakrise mit Marktanteilsverlusten im Reich
der Mitte konfrontiert, bekennt sich zu seinem Auftritt in China.
Das unterstreicht nun - bislang noch unbestätigten Berichten zufolge - auch der
Plan für die Softwaretochter Cariad, ein Gemeinschaftsunternehmen mit Horizon
Robotics, einem chinesischen Spezialisten für künstliche Intelligenz, zu gründen
- verbunden mit einer Milliarden-Investition. Das nächste Joint Venture der
Wolfsburger, die mit Partnern in China bereits seit langem in der
Fahrzeugfertigung sowie inzwischen auch in der Elektromobilität kooperieren, ist
auf lokale Forschung und Entwicklung im Softwarebereich angelegt. Es folgt dem
E-Auto-Trend in China, der eng mit dem Umbruch in Richtung "Smart Car" verbunden
ist und marktspezifische Anforderungen an Konnektivität, automatisiertes und
autonomes Fahren stellt - nicht nur im Premiumsegment.
Prognosen zufolge wird allein der chinesische E-Auto-Markt bis 2030 größer sein
als der gesamte europäische Automarkt. Weil E-Mobilität in China zunehmend die
Mittelschicht erreicht und die Nachfrage im Volumensegment der
batterieelektrischen Fahrzeuge wächst, sieht Volkswagen große Chancen. Um auf
Dauer im Wettbewerb mit neuen und aufstrebenden einheimischen Herausforderern zu
bestehen, wurde Anfang des Jahres ein lokales Cariad-Team aufgestellt, das
Softwarelösungen entwickeln soll, die auf inländischer Verbrauchernachfrage
beruhen und sich an Kundenerfahrungen orientieren.
Erfolge in China wären wichtig für den VW-Konzern, der sich bislang schwertut
mit dem Softwareprojekt - mit negativen Auswirkungen auf Modelleinführungen. Der
neue Vorstandschef Oliver Blume, der von seinem Vorgänger den
Aufsichtsratsvorsitz bei Cariad übernimmt, hat einen Zehn-Punkte-Plan entworfen,
der abgeleitet von den großen Baustellen des Mehrmarkenunternehmens auch auf die
Zukunft im sich schnell wandelnden chinesischen Markt und auf die
Weiterentwicklung der Softwaretochter zielt. Das neue Joint Venture in China
zeigt an, dass es bei VW nach strategischen Weichenstellungen der Ära Diess nun
vor allem um Fokussierung und Umsetzung gehen soll.
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