Die Kunst, begehrt zu bleiben, Kommentar zu Mercedes-Benz von Joachim

Herr

München (ots) - Den Quartalsgewinn auf 4 Mrd. Euro verdoppelt: Das ist ein

starkes Stück von Mercedes-Benz, auch wenn das Geschäft im vergangenen Jahr von

Juli bis September wegen des akuten Chipmangels ziemlich schlecht lief. Der

Blick geht jedoch nach vorn, und mancher Konjunkturbeobachter schaut angesichts

der wachsenden Rezessionsrisiken bange in die Zukunft. Auch in der

Autoindus­trie häufen sich die Warnungen. Bisher sind es die Anbieter von großen

Volumen wie Volkswagen und Stellantis, die sich auf einen Verkaufsrückgang im

nächsten Jahr einstellen.

Die Situation eindeutig einzuschätzen fällt schwer, da der Halbleitermangel das

Bild verzerrt - eine Folge des erratischen Bestellverhaltens der

Automobilindustrie in der Corona-Pandemie. Noch sind die Auftragslisten voll und

werden in den Fabriken abgearbeitet - relativ langsam, da es nach wie vor an

Elektronikchips fehlt. Diesen Überhang von Bestellungen nehmen die

Autohersteller mit ins nächste Jahr. Doch wie geht es weiter, wenn der

Auftragsberg abgetragen ist?

Die Stimmung der Verbraucher liegt am Boden, die Inflation schraubt sich immer

weiter nach oben. Dass in dieser Konsumtrübnis teure Anschaffungen wie Autos

aufgeschoben werden, ist eine Erkenntnis aus vielen früheren Konjunkturkrisen.

Und da hat es die Massenhersteller in der Regel stärker getroffen als die

Anbieter im Premiumsegment.

Die Luxusstrategie von Mercedes-Benz-Chef Ola Källenius könnte sich also schon

bald in einer Rezession bewähren. Die Superreichen haben offenbar immer Lust auf

neue schicke, schnelle und große Autos. Für den Stuttgarter Konzern gilt: Klasse

statt Masse, Marge vor Größe. Wenn die Nachfrage sinkt, gibt es Spielraum, das

Angebot zu reduzieren. Es muss nicht eine große Menge mit dicken Rabatten in den

Markt gedrückt werden. Denn das Unternehmen hat in den vergangenen Jahren an

seiner Kostenbasis gearbeitet und erreicht nun schon mit weniger verkauften

Autos die Gewinnschwelle. Entscheidend ist außerdem, eine hohe Flexibilität in

der Produktion zu erzielen und somit rasch auf Spitzen und Tiefpunkte der

Nachfrage reagieren zu können.

Außer an den Kosten und dem Verkaufsvolumen kann Mercedes-Benz an den Preisen

drehen. Voraussetzung ist freilich, dass die Produkte stimmen. Dann sind Kunden

zumindest im Premiumsegment eher bereit, für eine verbesserte Ausstattung neuer

Automodelle mehr zu bezahlen. Mercedes-Benz ist in einer guten Startposition.

Die Kunst wird sein, auch in einer Rezession die Autos knapp zu halten und auf

diese Weise begehrt und teuer für die Kunden zu bleiben.

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