Ampel im Stresstest, Kommentar zur Gasumlage von Angela Wefers

Frankfurt (ots) - Die Explosion der Gaspreise als Folge des russischen Überfalls

auf die Ukraine hat nicht nur die Energiebranche einem Stresstest ausgesetzt.

Auch die Ampel-Koalition ist nach der Entscheidung über die Verstaatlichung des

Gashändlers Uniper unter Stress geraten. Wirtschaftsminister Robert Habeck

(Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) streiten offen über die zum

1. Oktober einzuführende Gasumlage und die Frage: Wer soll das bezahlen?

Geschlossenheit wäre nötig - sie ist für die Regierung in der schwierigen Lage

aber offensichtlich ein Fremdwort. Uniper könnte nicht die einzige schwere

Prüfung der Ampel bleiben. Jetzt ist nicht die Zeit, Verantwortlichkeiten hin-

und herzuschieben, sondern Vertrauen zu schaffen.

Eine verstaatlichte Uniper stellt auch die geplante Gasumlage in ein neues

Licht. Bislang hält Habeck an der Einführung fest. Uniper plant die Einnahmen

ein. Dürfen alle Gasverbraucher hierzulande mit einer Umlage für ein künftiges

Staatsunternehmen zur Kasse gebeten werden? Wie immer auch die rechtliche

Antwort ausfällt, die politische lautet: Nein. Eine willkürlich gewählte Gruppe

- nämlich die aller gasverbrauchenden Bürger und Unternehmen - soll als

Teilsolidargemeinschaft ein Staatsunternehmen alimentieren. Genauso gut könnten

es auch die Strom- oder Heizölkunden sein. Wo ist die Logik?

Eines wird die Ampel nicht lösen können. Die zusätzlichen Kosten der

Gasbeschaffung sind Realität. Die Rechnung muss jemand bezahlen - in einer

Marktwirtschaft am Ende der Verbraucher. Der Staat kann allenfalls Härten für

Bürger und angeschlagene Unternehmen mit direkten Hilfen abfedern. Der Preis

sollte seine Signalfunktion behalten. Wer würde sonst die kostspielige

Energieart wechseln?

Bei der Gasumlage hat die Ampel diese Gedanken vernachlässigt und auch sonst

keine gute Figur gemacht. Habeck setzte auf eine Solidarität und hatte noch dazu

die Mehrwertsteuerlast vergessen. Brüssel versagte die spät angefragte Ausnahme.

Nun soll eine befristete Senkung der Mehrwertsteuer auf jeglichen Gasverbrauch

den Schaden heilen. Das Phänomen heißt Interventionsspirale. Was wird aus der

Mehrwertsteuersenkung, wenn die Gasumlage fallen sollte? Kommt ein Rückzieher

der Ampel und eine neue Intervention?

Die Gasumlage wäre ein staatlicher Eingriff in laufende Verträge, um Kosten

sofort an die Kunden weiterzugeben. Habeck könnte auch die

Preisanpassungsklausel im Energiesicherungsgesetz ziehen. Dies würde Kunden von

Händlern wie Uniper treffen, die auf russisches Gas gesetzt haben. Die Ampel hat

sich für den vermeintlich milderen Weg der Umverteilung entschieden. Diese

Solidaraktion ist spätestens für ein Staatsunternehmen fehl am Platz.

Wenn Uniper systemrelevant ist und vor der Insolvenz bewahrt werden muss, um den

Gasmarkt zu stabilisieren, ist die Finanzierung eine Aufgabe der Allgemeinheit.

Lindner wehrt sich zu Recht gegen Steuererhöhungen für Uniper oder eine

Lockerung der Schuldenbremse, um mehr über Kredit zu finanzieren. Dies wäre der

Wunsch der Grünen. Umschichten von Ausgaben wäre in Krisenzeiten das Mittel der

Wahl. Es sind keine Wohlfühlzeiten und sollte sich auch nicht so anfühlen.

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