BERLIN (dpa-AFX) - CDU-Chef Friedrich Merz sieht das Machtwort von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Atomstreit der Koalition als Zeichen für schwere Spannungen innerhalb des Ampel-Bündnisses. "Die Inanspruchnahme der Richtlinienkompetenz auf diesem geradezu förmlichen Weg ist der vorletzte Pfeil, den der Regierungschef im Köcher hat, wenn es darum geht, seine Koalition zu disziplinieren", sagte Merz vor einer Sitzung der Unionsfraktion am Dienstag in Berlin. Das letzte Instrument wäre die Vertrauensfrage im Bundestag.

"Dieses Machtwort hält die Koalition vielleicht noch zusammen", sagte der Oppositionsführer. "Aber es löst nicht das Versorgungsproblem für Deutschland." Merz sprach von einer "schallenden Ohrfeige" für die Grünen kurz nach Ende ihres Parteitags und einer schweren Niederlage für die FDP, die eine Laufzeitverlängerung bis Ende 2024 angestrebt hatte. Scholz hatte die zuständigen Minister in einem Brief zu Gesetzesvorschlägen angewiesen, damit die drei Atomkraftwerke Isar 2, Neckarwestheim 2 und Emsland bis 15. April 2023 weiterlaufen können.

Merz monierte weiterhin fehlende Vorschläge von SPD, FDP und Grünen zur Ausgestaltung der geplanten Gaspreisbremse. Die Koalition wolle dennoch an diesem Freitag den dafür vorgesehenen "Abwehrschirm" von 200 Milliarden Euro zur Abstimmung im Bundestag stellen. Die Union sei bereit, schnell Maßnahmen umzusetzen. "Wir legen allerdings Wert darauf, dass die übliche Reihenfolge eingehalten wird, die da lautet: Erst werden die Vorschläge gemacht, und dann wird die Finanzierung geklärt, nicht umgekehrt." Daher wolle die Unionsfraktion diesem "neuen Schuldenprogramm" in dieser Woche vorerst nicht zustimmen.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte: "Es gibt keinen "Blanko-Wumms" für die Ampel." Die Union sage Ja zur Gaspreisbremse und zur Unterstützung von Wirtschaft und Bürgern. Bisher sei aber nicht mitgeteilt worden, wie dies konkret aussehen solle. Merz kritisierte, dass die 200 Milliarden Euro über einen "weiteren Schattenhaushalt" mobilisiert werden sollen. Die Vorschläge gehörten aber normal in einen Nachtragshaushalt für 2022 und den Etat 2023./sam/DP/men