LONDON (dpa-AFX) - Nach Einschätzung britischer Geheimdienste sind Moskaus Probleme an der Front in der Ukraine zum Teil auf einen Mangel an kompetentem Führungspersonal zurückzuführen. Die Armee habe immer weniger fähige Nachwuchsoffiziere, die neue Rekruten anleiten und führen könnten, hieß es am Mittwoch im täglichen Kurzbericht des britischen Verteidigungsministeriums. Dies verschlechtere wohl die Moral und den Zusammenhalt in den russischen Truppen.

Vier von fünf Generälen mit direkter operativer Verantwortung für den im Februar von Russland begonnenen Angriffskrieg seien mittlerweile entlassen worden - ihre Nachfolger hätten die Situation nicht verbessert, sind die Briten überzeugt. In der russischen Armee habe eine solche Führungsschwäche noch stärkere Auswirkungen als es in einer westlichen der Fall wäre, da die russische Doktrin vorsehe, dass statt einer kollektiven Anstrengung eher persönliche Entscheidungen eines einzelnen Kommandeurs zählten.

In Bezug auf den Schusswaffenangriff, der sich vor einigen Tagen auf einem Truppenübungsplatz im Südwesten Russlands ereignete, beziehen sich die britischen Geheimdienste auf Augenzeugenberichte: Diese besagten, dass die Schüsse gefallen seien, nachdem ein Offizier sich abwertend gegenüber Rekruten ethnischer Minderheiten geäußert habe. Bei dem Angriff auf dem Gelände bei Belgorod, wo Rekruten für den Krieg vorbereitet wurden, hatten am Samstag nach Darstellung des russischen Verteidigungsministeriums zwei Männer bei einem Schießtraining auf Soldaten geschossen.

Die britische Regierung veröffentlicht seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine Ende Februar unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Informationen zum Kriegsverlauf. Damit will die britische Regierung sowohl der russischen Darstellung entgegentreten als auch Verbündete bei der Stange halten. Moskau wirft London eine gezielte Desinformationskampagne vor./swe/DP/zb