BERLIN (dpa-AFX) - Grünen-Chefin Ricarda Lang hat die Linie ihrer Partei im Konflikt um den Braunkohleabbau im Rheinischen Revier als pragmatisch verteidigt. "Wenn man 1,5 anschaut, dann kann man sich heutzutage mit kaum noch einem Kompromiss wirklich zufrieden geben", sagte die Co-Parteivorsitzende am Montag in Berlin mit Blick auf das im Pariser Klimaabkommen festgehaltene Ziel, die Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen. "Und gleichzeitig ist klar: Wenn wir keine Kompromisse machen würden, dann würde beim Klimaschutz einfach gar nichts passieren. Denn die wenigsten anderen Parteien haben daran ein ernsthaftes Interesse."

Der Energiekonzern RWE , der die Kohle unter Lützerath abbauen will, habe spätestens seit März vergangenen Jahres einen "ausgeurteilten Rechtsanspruch auf das Gebiet dort", sagte Lang. Wenn die Grünen nicht verhandelt hätten, wären Lützerath und fünf weitere Dörfer abgebaggert und 500 Menschen umgesiedelt worden. Zunächst werde in Deutschland weiter Kohle zur Stromerzeugung gebraucht: "Für die nächsten Jahre ist klar, dass wir aufgrund des Angriffskrieges Putins auf die Ukraine erst mal mehr Kohle verstromen müssen, um die Energiesicherheit in diesem Land zu sichern."

Wie viel von der Kohle unter Lützerath gebraucht werde, hänge unter anderem davon ab, wie teuer der Verbrauch von Kohle im europäischen Emissionshandel werde - dort handeln Firmen mit Rechten zum Ausstoß von Kohlendioxid. Wichtig seien auch die Kosten anderer Energieträger und das Tempo beim Ausbau der erneuerbaren Energien. Lang drängte auch auf einen in Ostdeutschland von 2038 auf 2030 vorgezogenen Kohleausstieg. "Wenn sich die Ministerpräsidenten der Ost-Bundesländer aus Sachsen, Sachsen Anhalt und Brandenburg der Debatte um den Kohleausstieg 2030 verweigern, dann verweigern sie sich am Ende auch der Debatte um sichere Arbeitsplätze in ihren Bundesländern."

Lang sagte, nach ihrem Eindruck sei der "ganz, ganz überwiegende Teil der Demonstrationen und Proteste" in Lützerath friedlich gewesen. "Da, wo das nicht der Fall war, ist es natürlich nicht akzeptabel." Nach ihrem Eindruck sei auch die Polizei an vielen Stellen bei der Räumung sehr besonnen vorgegangen. "Gleichzeitig gibt es Bilder von diesem Samstag, gibt es Videos von diesem Samstag, die auch mich ehrlicherweise schockieren." Es sei deshalb wichtig, dass der Polizeieinsatz parlamentarisch aufgearbeitet werde und Polizeigewalt Konsequenzen habe. Aktivisten werfen der Polizei Gewaltexzesse bei der Großdemonstration am Samstag vor./hrz/DP/men