BERLIN (dpa-AFX) - Die mühsam errungene Einigung der Ampel-Regierung zum Bundeshaushalt 2025 stößt bei Opposition und Beobachtern auf Kritik. Für rechtlich riskant hält sie der Münchner Staatsrechtler Stefan Korioth. Als "das größte Problem bei diesem Kompromiss" sieht der Universitätsprofessor die hohe globale Minderausgabe an, also die Annahme, dass 12 Milliarden Euro zwar verplant, am Ende voraussichtlich aber doch nicht ausgegeben werden. Dieses Instrument sei zwar üblich, aber nicht in der Höhe, sagte er dem Berliner "Tagesspiegel" (Online).

Es sei unklar, von welchen Erfahrungswerten die Koalition hier ausgehe, sagte Korioth. "Und daher stellt sich die Frage, ob hier nicht einfach eine Unterdeckung verschleiert werden soll."

Gutachten machten Nachverhandlungen nötig

Ursprünglich hatten sich Kanzler Olaf Scholz (SPD), Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) schon im Juli auf einen Entwurf zum Bundeshaushalt 2025 verständigt. Mehrere Gutachten ließen aber Zweifel an der Machbarkeit von Finanzierungsmodellen aufkommen, was Nachverhandlungen zur Folge hatte.

Der neue Kompromiss vom Freitag sieht im Kern Umschichtungen von Geld für die bundeseigene Deutsche Bahn vor. Die Milliardenlücke wurde von 17 Milliarden auf 12 Milliarden Euro gedrückt. Die Zeit für das Spitzentrio drängte auch deshalb, weil der Bundestag vor der Haushaltswoche im September noch ausreichend Zeit haben soll, sich mit dem Zahlenwerk zu befassen. Die Abgeordneten beschließen den Haushalt am Ende.

SPD hofft auf "weitere Verbesserungen" im Bundestag

Unionsfraktionsvize Ulrich Lange (CSU) sprach von einem "Harakiri-Haushalt". Der finanz- und haushaltspolitische Sprecher der CSU im Bundestag, Sebastian Brehm, erklärte: "Unserem Land wäre mehr geholfen, wenn die Ampel-Koalition die Kraft und Zeit, die sie für die Erfindung von Tricks zur Umgehung der Schuldenbremse aufwendet, in die Entwicklung eines seriösen Haushaltsentwurfs investieren würde."

Die AfD-Fraktionsvorsitzende Alice Weidel nannte den Entwurf "komplett unseriös". Sie bemängelte: "Zur Sanierung der Staatsfinanzen durch Verzicht auf überflüssige Staatsausgaben ist diese Koalition offenkundig nicht willens. Es ist der politische, moralische und finanzielle Bankrott dieser Regierung."

SPD-Fraktionsvize Achim Post räumte ein, für den Bundestag bleibe noch einiges zu tun. Seine Partei wolle einen Haushalt, der starke Investitionen anstoße und die soziale, innere und äußere Sicherheit Deutschlands gewährleistet. "Der Entwurf der Regierung sieht hierfür wichtige Weichenstellungen vor, hinter die wir keinesfalls zurückfallen dürfen. Stattdessen ist unser Ziel, wie sonst auch in den parlamentarischen Beratungen, möglichst noch weitere Verbesserungen zu erreichen", sagte er.

Diskussion um Auswirkungen auf die Bahn

Ungemach droht der Koalition wegen eines neuen Finanzierungsmodells für die Deutsche Bahn, das für Konkurrenten höhere Trassenpreise und für deren Kunden höhere Fahrpreise nach sich ziehen könnten. Nach dem Kompromiss der Koalitionsspitzen soll die Infrastruktursparte der Deutschen Bahn AG zusätzliches Eigenkapital im Umfang von 4,5 Milliarden Euro bekommen. Das soll direkte Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt ersetzen.

Außerdem soll die Bahn ein Darlehen des Bundes in Höhe von 3 Milliarden Euro erhalten. Bisher war eine Eigenkapitalerhöhung von rund 5,9 Milliarden Euro vorgesehen. Damit soll die Bahn Investitionen zur Sanierung des maroden Schienennetzes vornehmen. Mehr Eigenkapital für die Bahn kann aus Finanzierungsgründen steigende Trassenpreise bedeuten - also Gebühren für die Nutzung des Schienennetzes, eine Art Schienenmaut.

Staatsrechtler Korioth merkte an: "Die Bahn hat bekanntermaßen wirtschaftliche Schwierigkeiten, ist immer wieder defizitär, weshalb eine Rückzahlung des Darlehens nicht unbedingt einkalkuliert werden kann. Und bei einer im Kompromiss vereinbarten Laufzeit des Kredits von 34 Jahren stellt sich schon die Frage, ob die Rückzahlungsfähigkeit hier nicht doch auch in der Koalition bezweifelt wird." Nicht unüblich wären ihm zufolge zehn bis zwölf Jahre.

CSU-Politiker Lang: Bahn wird Kredite nicht zurückzahlen können

Auch CSU-Politiker Lange ist wenig zuversichtlich: "Die hoch verschuldete Bahn wird die Kredite nicht zurückzahlen können und die Eigenkapitalerhöhung wie schon diverse Male zuvor irgendwo im Konzern versenken."

Die Allianz pro Schiene sieht das Finanzierungsmodell "ausgesprochen kritisch", wie der Leiter Verkehrspolitik des Bahnverbandes, Andreas Geißler, betonte. "Eigenkapitalerhöhungen anstelle der eigentlich üblichen Baukostenzuschüsse führen zu höheren Trassenpreisen, machen also in der Konsequenz die Nutzung der Schieneninfrastruktur für Eisenbahnverkehrsunternehmen und damit die Wirtschaft und Reisenden erheblich teurer", erläuterte Geißler./hrz/DP/mis