(Berichtigung: Korrektur zur Teilnahme von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck im zweiten Absatz)

BERLIN (dpa-AFX) - Vor dem Gespräch von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit Vertretern von Gewerkschaften und Wirtschaft im Rahmen der sogenannten konzertierten Aktion haben Politiker, Verbandsvertreter und Experten unterschiedliche Erwartungen an das Treffen geäußert. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil betonte am Donnerstagmorgen in Berlin, es sei wichtig, in dieser Zeit "die Kräfte zwischen Wirtschaft, Gewerkschaften und Staat" zu bündeln.

"Es geht darum, dass wir gemeinsam das hinkriegen und dass wir nicht zulassen, weder Wirtschaft, noch Gewerkschaften noch unser Staat, dass Putin unsere Gesellschaft spaltet", sagte der SPD-Politiker. Er nimmt an dem Gespräch am Nachmittag im Bundeskanzleramt teil, bei dem auch Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), die Bundesbank und Wirtschaftsforscher vertreten sind. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne), der ursprünglich ebenfalls teilnehmen sollte, ließ sich nach Angaben seines Ministeriums wegen einer Terminkollision von Wirtschaftsstaatssekretär Sven Giegold vertreten.

Themen werden Heil zufolge unter anderem Wirtschaftshilfen sein, aber auch die von der Koalition angebotene Steuer- und Abgabenfreiheit auf Einmalzahlungen von Betrieben an Beschäftigte.

In ihrem dritten Entlastungspaket hatte die Ampel vereinbart, dass der Bund auf Steuern und Abgaben verzichten will, wenn Unternehmen zusätzliche Zahlungen an ihre Beschäftigten bis zu 3000 Euro leisten. Die Details sind noch unklar.

Die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), Yasmin Fahimi, bezeichnete die Idee als richtigen Ansatz. Es müsse aber dauerhaft eine Stabilisierung der Reallöhne geben, sagte sie am Donnerstag im ARD-"Morgenmagazin". Es gehe nicht nur um Einmalzahlungen, sondern darum, das Niveau insgesamt zu heben.

Auch vom arbeitgebernahen Institut der deutschen Wirtschaft (IW) wird das Angebot der Ampel begrüßt. "Die steuerfreie Einmalzahlung könnte der Joker sein, um eine Lohn-Preis-Spirale zumindest abzudämpfen", schrieb IW-Tarifexperte Hagen Lesch am Donnerstag in einer Mitteilung. Das Treffen an diesem Donnerstag komme angesichts bevorstehender Tarifverhandlungen in der Metall-, Elektro- und Chemie-Industrie zum richtigen Zeitpunkt.

Skeptisch äußerte sich der Präsident des Münchner ifo-Instituts, Clemens Fuest: "Diese Subventionierung heizt die Inflation eher an", sagte der Ökonom der "Rheinischen Post". Der Staat solle die Tarifverhandlungen den Tarifparteien überlassen und nicht mit Subventionen eingreifen. "Von der Konzertierten Aktion sollte man nicht allzu viel erwarten", sagte Fuest. Es sei immer gut, miteinander zu sprechen, aber was in diesen Gesprächen erreicht werden könne, sei begrenzt. Er warf auch die Frage auf, welche Zusagen die Arbeitgeber im Rahmen dieser Gespräche geben könnten. "Normalerweise wäre das die Zusage einer Beschäftigungssicherung, aber da die meisten Unternehmen ohnehin Personal suchen, ist das keine Konzession. Auch deshalb ist unklar, was die Konzertierte Aktion erreichen soll."

Kritisch äußerte sich auch der Sozialverband Deutschland. "Es ist zwar gut, dass der Kanzler Gewerkschaften und Arbeitgeber trifft. Im Kanzleramt müssen dringend aber auch die Menschen gehört werden, bei denen das Geld am knappsten ist", sagte die Vorstandsvorsitzende Michaela Engelmeier vor dem Treffen. Für die Mehrheit der Geringverdiener gelte aber kein Tarifvertrag. Deshalb müsse es neben der Konzertierten Aktion auch einen Sozialgipfel geben./jr/DP/mis