GRONINGEN (dpa-AFX) - Der niederländische Staat und die Ölkonzerne Shell und Exxon Mobil haben einem Untersuchungsbericht zufolge jahrzehntelang trotz zahlreicher Erdbeben die Sicherheit der Bürger bei der Produktion von Erdgas systematisch missachtet. "Geld war wichtiger als Sicherheit und Gesundheit", stellte eine parlamentarische Untersuchungskommission fest. "Das hatte katastrophale Folgen." Die Kommission legte am Freitag im Dorf Zeerijp bei Groningen ihren Abschlussbericht zur Gasproduktion vor.

Die Kommission sprach von einem "einzigartigen Scheitern des Systems". Führende Politiker darunter auch Premier Mark Rutte hätten den Ernst der Lange viel zu lange unterschätzt. Minister hätten fahrlässig gehandelt. Politiker reagierten geschockt auf die Urteile der Kommission. Die Regierung wollte sich zu einem späteren Zeitpunkt äußern. Die Öl-Konzerne reagierten am Freitag zunächst nicht.

Die Kommission stellte fest, dass Öl-Konzerne viel zu lange und unnötigerweise die Gasproduktion hoch hielten und dies mit der Energiesicherheit begründet. Der damalige Chef des Öl- und Gaskonzerns Shell, Ben van Beurden, hatte im Oktober vor der Untersuchungskommission ausgesagt und sein tiefes Bedauern ausgedrückt. Beim Rückblick auf die Probleme durch die Gasproduktion empfinde er "Bedauern, Scham und Trauer". Der frühere Chef von Exxon Mobil Joost Van Roost verweigerte dagegen die Aussage.

Durch die Gasproduktion in Groningen im Norden nahe der Grenze zu Niedersachsen hatte es seit 1986 rund 1600 Erdbeben gegeben. Zehntausende Gebäude wurden schwer beschädigt, rund 100 000 Menschen waren betroffen. Noch immer wurden nicht alle Bürger entschädigt. 2018 hatte die Regierung beschlossen, schrittweise die Produktion bis 2023 zu beenden. 1959 war das Groninger Erdgasfeld entdeckt worden, 1963 begann die Produktion. Die Niederlande wurden nach Norwegen zum größten Erdgasproduzenten Europas. Der Staat verdiente mehr als 360 Milliarden Euro, die beteiligten Öl-Gesellschaften Shell und Exxon Mobil rund 66 Milliarden Euro./ab/DP/mis