KÖLN (dpa-AFX) - Im Iran droht nach Einschätzung der Islamwissenschaftlerin Katajun Amirpur durchaus auch die Gefahr eines Militärputsches. "Die Pasdaran, die Revolutionsgarden, könnten dieser Theokratie ein Ende bereiten", sagte die Professorin für Islamwissenschaft an der Universität zu Köln. "Aber diese sind natürlich nicht gewillt, eine Demokratie aufzubauen. Das wäre dann eine Militärdiktatur. Auf diesem Weg ist der Iran ohnehin schon seit einigen Jahren."

Im Iran dauern seit mehr als zwei Monaten systemkritische Proteste an. Die einflussreichen und systemtreuen Revolutionsgarden könnten laut Amirpur ihre Chance wittern, die Unzufriedenheit gegen die klerikale Elite zu nutzen. Seit Jahren bereits wächst der Einfluss der Eliteeinheit, auch in der iranischen Wirtschaft.

Auch wenn der Einfluss der Revolutionsgarden zunehmen sollte, glaubt Amirpur jedoch nicht an ein Ende der Freiheitsbewegung. Zu groß sei das Wissen im Land darüber, was Rechtsstaatlichkeit und Demokratie bedeuteten. "Dieser Wunsch nach Freiheit und vor allem auch das Wissen darüber, wie ein besserer Iran aussehen könnte, ist vorhanden." Es sei sehr inkonsequent gewesen, dass der Staat Frauen zu Bürgern zweiter Klasse mache, sie aber gleichzeitig zu Professorinnen, Ärztinnen und Anwältinnen ausbilde und studieren lasse. "Dass es dann irgendwann knallt, ist völlig klar."

Auslöser der systemkritischen Proteste war der Tod der jungen iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini. Sie starb Mitte September im Polizeigewahrsam, nachdem sie von den Sittenwächtern wegen Verstoßes gegen islamische Kleidungsvorschriften festgenommen worden war. Die darauf folgenden Proteste haben die politische Führung Irans in eine der schwersten Krisen seit Jahrzehnten gestürzt./arb/DP/zb