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FRANKFURT (dpa-AFX) - Dem Börsenneuling Nucera sind am Freitag in einem schwierigen Umfeld die ersten Schritte auf das Parkett geglückt. Die Aktien der Wasserstoff-Tochter von Thyssenkrupp wurden in der Spitze am Morgen für 21,78 Euro gehandelt, das bedeutete ein Plus von bis zu rund 9 Prozent im Vergleich zum Ausgabepreis von 20 Euro je Anteilsschein.

Insgesamt wurden knapp 30,3 Millionen Papiere einschließlich einer Mehrzuteilungsoption bei Investoren platziert, die überwiegend aus einer Kapitalerhöhung von Thyssenkrupp Nucera stammen.

Bisher hielt Thyssenkrupp 66 Prozent an Nucera und das italienische Industrieunternehmen De Nora 34 Prozent. Mit dem Börsengang ändern sich die Eigentumsverhältnisse. Bei vollständiger Ausübung der Mehrzuteilungsoption-Option dürften 24 Prozent des Grundkapitals in Streubesitz kommen. Der Essener Industriekonzern will langfristig die Mehrheit an seiner Tochter halten. Der bisherige Minderheitsaktionär De Nora will seine langjährige Partnerschaft mit dem Unternehmen fortführen. Die Italiener sind Hersteller von Elektrochemie-Technologie.

Der Nucera-IPO (Initial Public Offering) gab auch dem Aktienkurs von Thyssenkrupp vor dem Wochenende Rückenwind. Die Papiere verteuerten sich um bis zu 3,7 Prozent, drehten dann aber an ihrer 21-Tage-Linie zunächst wieder ab. Sie gilt als Indikator für den kurzfristigen Trend. Zuletzt betrug das Kursplus noch 3,2 Prozent, womit die Aktien zu den größeren Gewinnern im geschwächten MDax gehörten.

Baader-Analyst Christian Obst gewinnt derweil dem Börsengang des Wasserstoff-Spezialisten viel Positives auch für die Mutter ab: Thyssenkrupp könne einerseits die Komplexität des breit aufgestellten Konzerns reduzieren und gebe andererseits einem wichtigen Wachstumsbereich ein "Preisschild", schrieb er. Auch dürfte der Schritt die Attraktivität von Nucera für potenzielle Kunden und Mitarbeiter erhöhen. Der Experte rechnet damit, dass der Börsenwert des Unternehmens von den - gerechnet zum Ausgabepreis - anfänglichen rund 2,5 Milliarden Euro binnen maximal 18 Monaten auf bis zu 3,5 Milliarden Euro steigen kann.

Dies entspräche einem Wertzuwachs um fast 40 Prozent und wäre gegebenenfalls ein lukratives Geschäft für Anleger der ersten Stunde. Für einen solchen Anstieg müsste Nucera laut dem Baader-Fachmann allerdings beim Ordereingang weiter zulegen und seine Fähigkeit unter Beweis stellen, den schnell wachsenden Auftragsbestand wie versprochen auch abzuarbeiten. Zudem dürfe bei der Umsetzung der Wachstumsambitionen die Profitabilität von Nucera nicht allzu sehr leiden, so Obst.

Thyssenkrupp hatte für Nucera bereits im vergangenen Jahr einen Börsengang ins Auge gefasst, wegen der volatilen Marktbedingungen dann aber zunächst davon Abstand genommen. Der Erlös soll früheren Angaben zufolge zum Ausbau des Geschäfts mit der sogenannten alkalischen Wasserelektrolyse (AWE) zur klimaneutralen Herstellung von Wasserstoff verwendet werden.

Nucera mit Sitz in Dortmund stellt sogenannte Elektrolyseure her, in denen Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt wird. Der gewonnene Wasserstoff wird später als Energieträger genutzt. Dem Markt wird angesichts der Energiewende und des wachsenden Bedarfs an Wasserstoff großes Potenzial beigemessen./tav/ag/nas