LONDON (dpa-AFX) - Großbritannien gibt nach Berechnungen von Experten wegen der steigenden Zahl von Flüchtlingen etwa aus der Ukraine mehr Geld für Entwicklungshilfe im eigenen Land aus als in ärmeren Staaten. Dies bedeute, dass weniger für internationale Projekte ausgegeben werden könne, berichtete die BBC am Samstag. Das Budget ist beschränkt auf 0,5 Prozent des Bruttonationaleinkommens, einer Messgröße der Wirtschaftsleistung.

Mehr als vier Milliarden Pfund (4,66 Mrd Euro) würden zur Unterbringung und Unterstützung von Asylsuchenden und Flüchtlingen im Vereinigten Königreich genutzt, hieß es in dem Bericht. Insgesamt stehen elf Milliarden Pfund im Jahr zur Verfügung, davon fließen vier Milliarden an multinationale Organisationen wie die Weltbank.

Unter international vereinbarten Regeln ist es Großbritannien erlaubt, die Unterbringung von Flüchtlingen für ein Jahr als Entwicklungshilfe zu kennzeichnen. Allerdings sei das Königreich eines von wenigen Ländern und das einzige G7-Mitglied, das alle damit verbundenen Kosten so deklariere, kritisierte die US-Denkfabrik Center for Global Development (CGD). "Zu sagen, dass 0,5 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Hilfe ausgegeben werden, wird bedeutungslos, wenn ein solch hoher Teil des Topfes zu Hause ausgegeben wird, anstatt Menschen zu helfen, die weltweit mit enormen Notlagen konfrontiert sind", sagte CGD-Experte Ranil Dissanayake.

Das britische Außenministerium räumte ein, dass die Vorgabe von 0,5 Prozent wegen der Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine und Afghanistan für Belastungen sorge. Gleichzeitig hieß es: "Wir bleiben einer der weltweit größten Zahler von Entwicklungshilfe." Bisher hat Großbritannien mehr als 140 000 Menschen aus der Ukraine aufgenommen sowie 10 000 aus Afghanistan. Über den Ärmelkanal sind in diesem Jahr zudem bisher mehr als 38 000 Menschen illegal ins Land gekommen./bvi/DP/mis