FRANKFURT/BERLIN (dpa-AFX) - Die IG Metall hat eine "Radikal-Reform" für die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung verlangt. Die Politik doktere seit Jahren am kränkelnden System ohne Therapieplan herum, erklärte das IG-Metall-Vorstandsmitglied Hans-Jürgen Urban in Frankfurt auch mit Blick auf wohl durchschnittlich leicht steigende Zusatzbeiträge zum neuen Jahr.

Die Gewerkschaft mit rund 2,2 Millionen Mitgliedern kritisierte den aktuellen Kurs von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), der Engpässe bei Arzneimitteln mit höheren Preisen für Medikamente beantworten wolle. "Verlässliche Lieferstrukturen für Medikamente schafft man nicht, indem man die Pharmaindustrie auch noch mit höheren Preisen zu Lasten von Patienten und Versicherten belohnt", sagte Urban. Er sprach sich für strengere Vorschriften etwa zur Mindestbevorratung und zur Diversifizierung von Lieferketten aus. Man brauche keine teurere, sondern eine bessere medizinische Versorgung.

Nach Angaben des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen dürfte der Zusatzbeitrag für gesetzlich Versicherte Anfang 2023 wohl im Schnitt um 0,2 Prozentpunkte auf dann 1,5 Prozent steigen. Ob der Beitrag angehoben wird oder eventuell auch stabil bleibt, entscheidet aber jede Kasse für sich. Nach Einschätzung der IG Metall ergibt das nur noch für 2023 eine einigermaßen stabile Finanzierung. Danach könne die Lage prekär werden. Urban erinnerte SPD und Grüne an ihr Projekt einer Bürgerversicherung: "Eine gerechte und nachhaltige Finanzierung der Gesundheitssystems wird es aber nur mit einer Krankenversicherung geben, in die endlich alle einzahlen."

Wer als Versicherte oder Versicherter eine Beitragserhöhung bekommt, hat ein Sonderkündigungsrecht. Den jeweiligen Zusatzbeitrag für ihre Mitglieder legen die einzelnen Kassen selbst fest, er kann vom Durchschnittswert abweichen. Der Gesamtbeitrag ohne Ermäßigung liegt in diesem Jahr im Schnitt bei 15,9 Prozent vom Einkommen./ceb/DP/ngu