HAMBURG (dpa-AFX) - Die Umweltorganisation Greenpeace hat Norwegen aufgefordert, vom geplanten Tiefseebergbau in der Arktis Abstand zu nehmen. Er "würde sich auf die gesamte Meeresregion auswirken - vom kleinsten Plankton bis zu den großen Walen", warnte die Greenpeace-Meeresexpertin Daniela von Schaper in Hamburg kurz vor Ablauf der 90-Tage-Einspruchsfrist. Das volle Ausmaß der Zerstörung sei weder abzuschätzen noch zu kontrollieren. "Norwegens Regierung muss ihre Pläne jetzt stoppen und darf keine Lizenzen für Tiefseebergbau vergeben."

Bergbau in 3000 bis 4000 Meter Wassertiefe

Das norwegische Parlament hatte im Januar mehrheitlich entschieden, ein arktisches Gebiet auf dem norwegischen Kontinentalsockel für die Exploration und Gewinnung von Mineralien auf dem Meeresgrund freizugeben. Das Gebiet ist rund 281.000 Quadratkilometer groß, was etwa vier Fünfteln der Fläche Deutschlands entspricht. Die Wassertiefe, in der die Mineralien abgebaut werden könnten, liege zwischen 3.000 und 4.000 Meter.

Norwegen ist damit eines der ersten Länder weltweit, das sich für den umstrittenen kommerziellen Abbau von Bodenschätzen in der Tiefsee öffnet. Am kommenden Donnerstag endet nach Greenpeace-Angaben die Frist, in der die Öffentlichkeit ihre Meinung und Bedenken zu den im Juni vorgeschlagenen Lizenzgebieten äußern kann. Danach wolle die Regierung eine finale Entscheidung treffen und bereits im ersten Halbjahr 2025 erste Abbaulizenzen vergeben. "Norwegen macht da einen ganz gefährlichen Schritt", warnte von Schaper.

Bericht zeigt Zusammenhang zwischen Tiefseebergbau und Meeresumwelt

Die Umweltorganisation stützt sich bei ihrem Protest auf den am Donnerstag veröffentlichten Bericht "Tiefseebergbau in der Arktis: Lebende Schätze der Tiefsee in Gefahr", der erstmals die Zusammenhänge zwischen Tiefseebergbau und der Meeresumwelt der Arktis aufzeige. So verschärften Norwegens Tiefseebergbaupläne die Lage der ohnehin durch die Klimakrise stark belasteten arktischen Meeresökosysteme weiter. Außerdem widersprächen die Pläne dem von Norwegen selbst gesteckten Ziel, von 2025 an all seine Meeresgebiete nachhaltig zu bewirtschaften.

So reichen die möglichen Auswirkungen des Tiefseebergbaus laut Greenpeace von der direkten Zerstörung von Lebensräumen und Organismen auf dem Meeresboden über die Veränderung des Bodens und seiner chemischen Zusammensetzung bis hin zur Freisetzung von aufgewirbelten Sedimentwolken und Giftstoffen. Auch Leckagen und Unfälle durch Maschinen seien möglich. Von Schaper betonte deshalb: "Wir dürfen nicht zulassen, dass Norwegen die Büchse der Pandora öffnet und diesen empfindlichen Lebensraum in ein weiteres Industriegebiet verwandelt."/klm/DP/ngu