KIEW (dpa-AFX) - Im Ukraine-Krieg muss Moskau nach Einschätzung des britischen Geheimdienstes noch monatelang mit Nachschub-Problemen über die beschädigte Krim-Brücke rechnen. "Die russischen Anstrengungen, die Krim-Brücke zu reparieren, gehen weiter, aber es ist unwahrscheinlich, dass sie vor September 2023 vollständig funktionsfähig sein wird", hieß es im täglichen Geheimdienst-Update des Verteidigungsministeriums in London am Mittwoch. In den Kampfgebieten ist die Lage nach Angaben aus Kiew aktuell eher statisch. Auf internationaler Bühne rücken Moskau und Teheran enger zusammen. Unklar ist, ob und in welcher Form Russlands Präsident Wladimir Putin am G20-Gipfel teilnimmt.
London: Auf Krim-Brücke nur ein Gleis benutzbar
Aus einer Unterrichtung an den russischen Präsidenten Wladimir Putin gehe hervor, dass Arbeiten an der Straßenbrücke den Verkehr noch bis März 2023 einschränken würden, so die britischen Experten weiter. Die Reparatur der Bahnstrecke sei vertraglich bis September 2023 vereinbart worden. Derzeit sei ein Gleis benutzbar, aber der Zugverkehr sei weiterhin eingeschränkt. In den Wintermonaten werde die Reparaturtätigkeit zudem schwer von den Witterungsbedingungen abhängen. Die für den Nachschub der russischen Invasionstruppen in der Ukraine wichtige Brücke war am 8. Oktober durch eine Explosion schwer beschädigt worden.
Intensive Kämpfe und wenig Bewegung
Es gebe kaum Neuigkeiten aus den Kampfgebieten, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Dienstagabend in seiner täglichen Videoansprache. "Das heißt aber nicht, dass die Intensität der Kämpfe geringer geworden ist." Die Lage sei "weiterhin schwierig". Der Befehl an die russischen Truppen, bis an die Grenzen des Verwaltungsgebiets vorzudringen, gelte weiterhin. Aber, so Selenskyj: "Wir geben dort keinen einzigen Zentimeter unseres Landes auf." Abseits der Kampfzonen werde intensiv daran gearbeitet, das Leben in den befreiten Gebieten durch ein Wiederherstellen der Gas- und Stromversorgung zu normalisieren, sagte Selenskyj.
Russland und Iran rücken enger zusammen
Russland und der Iran wollen ihre Wirtschafts- und Handelsbeziehungen angesichts des westlichen Sanktionsdrucks auf beide Länder ausbauen. Das vereinbarten der russische Sicherheitsratschef Nikolai Patruschew und sein iranischer Amtskollege Ali Schamchani am Mittwoch nach Angaben russischer und iranischer Medien bei Gesprächen in Teheran. Patruschew, ein enger Vertrauter von Kremlchef Wladimir Putin, war nach Angaben aus Moskau zu "Sicherheitskonsultationen" nach Teheran gereist. Man habe sich über die Lage in der Ukraine und im Nahen Osten ausgetauscht. Zudem sei es um Cybersicherheit und "Maßnahmen zur Bekämpfung der Einmischung westlicher Geheimdienste in die inneren Angelegenheiten beider Länder" gegangen. Am Wochenende hatte Teheran erstmals zugegeben, an Russland auch Drohnen geliefert zu haben.
Putins Teilnahme am G20-Gipfel offen
Die Teilnahme von Russlands Präsident Wladimir Putin am Gipfel der G20-Staaten nächste Woche auf der indonesischen Insel Bali ist nach Angaben des Kremls noch offen. Weiterhin würden "verschiedene Formate" einer Teilnahme erörtert, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Mittwoch nach Angaben russischer Agenturen. Die Öffentlichkeit werde in Kürze über die Entscheidung informiert. Das Gastgeberland Indonesien hatte am Vortag erklärt, Putin werde sehr wahrscheinlich nicht anreisen. Denkbar wäre auch, dass der Kremlchef aus Moskau per Video zugeschaltet wird. Zugesagt hat unterdessen der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. Er wird voraussichtlich per Video teilnehmen.
Moskau: Auswirkung von US-Wahlen sehr überschaubar
Der Kreml schätzt die Auswirkungen der US-Zwischenwahlen auf das russisch-amerikanische Verhältnis nach Aussage seines Sprechers als überschaubar ein. "Die Beziehungen sind und werden schlecht bleiben", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Mittwoch der Agentur Interfax zufolge. "Diese Wahlen sind wichtig, aber ich werde nicht falsch liegen, wenn ich sage, dass die Bedeutung dieser Wahlen für die kurz- und mittelfristige Zukunftsperspektive unserer bilateralen Beziehungen nicht ernsthaft übertrieben werden sollte."
Nächster Nato-Gipfel will Zwei-Prozent-Ziel diskutieren
Der nächste Nato-Gipfel soll sich unter anderem mit dem heiklen Thema der Verteidigungsausgaben beschäftigen. Das für den 11. und 12. Juli 2023 in Litauen geplante Treffen werde für die Bündnispartner eine Gelegenheit sein, die bisherigen Zuwächse zu überprüfen, kündigte Generalsekretär Jens Stoltenberg am Mittwoch an. Beim Thema Verteidigungsausgaben stellt sich für die Nato-Staaten vor allem die Frage, ob das sogenannte Zwei-Prozent-Ziel aus dem Jahr 2014 erneuert oder verschärft werden sollte. Es sieht vor, dass sich alle Alliierten bis 2024 dem Nato-Richtwert annähern, mindestens zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidigung auszugeben. Bislang sind viele Nato-Staaten weit davon entfernt.
Ukrainischer Botschafter hofft weiter auf Leopard-Panzer
Der neue ukrainische Botschafter in Berlin setzt seine Bemühungen um die Lieferung deutscher Leopard-Panzer an sein Land fort. "Ich bin voller Hoffnung, dass es dazu kommt, weil dieser Krieg gewonnen werden muss", sagte Oleksii Makeiev am Dienstagabend im "RTL Nachtjournal spezial". "Heutzutage brauchen unsere Mädchen und Jungs an der Front Schützen- und Kampfpanzer." Deutschland könne dabei eine Führungsrolle übernehmen. "Wir hoffen, dass die Koalition der Willigen, der Westmächte, dazu beiträgt." Er hoffe auf eine schnelle Entscheidung, denn die Ukraine brauche die Panzer, um die Angreifer zurückzuschlagen. "Je schneller das passiert, umso schneller ist dieser Krieg zu Ende."/mrd/DP/ngu