(Aktualisierung: Biden)
KIEW (dpa-AFX) - Bei einem Hubschrauberabsturz nahe der Hauptstadt Kiew ist der ukrainische Innenminister Denys Monastyrskyj ums Leben gekommen. Bei dem Unglück habe es mindestens 14 Tote gegeben, teilte der Zivilschutz am Mittwochnachmittag mit. Zwischenzeitlich war von 18 Toten die Rede gewesen. Der russische Präsident Wladimir Putin zeigte sich bei dem Besuch eines Rüstungskonzerns unterdessen siegessicher. Die Diskussion um die Lieferung von Leopard-2-Panzern aus deutscher Produktion an die Ukraine nahm weiter Fahrt auf. Die Nato befürchtet mit Blick auf den Krieg ein schwieriges Jahr.
Hubschrauber stürzte bei Kindergarten in Kleinstadt Browary ab
Unter den Toten des Hubschrauberabsturzes seien auch der Vize-Innenminister Jehwhenij Jenin und ein Staatssekretär, teilten die ukrainischen Behörden mit. Der Helikopter war demnach in einem Wohngebiet bei einem Kindergarten in der Kleinstadt Browary bei Kiew abgestürzt. Nach Angaben des Innenministeriums starben auch vier Kinder. Die Absturzursache war zunächst unklar. Der Hubschrauber-Typ gilt als nicht besonders zuverlässig. Auch ein Abschuss des Helikopters wurde nicht ausgeschlossen. Aus dem Präsidentenbüro hieß es, die Führungsriege des Innenministeriums sei auf dem Weg zu einem der Frontabschnitte gewesen.
EU, Scholz und Biden reagieren bestürzt auf Absturz
Die EU-Spitzen haben bestürzt auf den Tod des ukrainischen Innenministers und der anderen Opfer bei dem Hubschrauberabsturz reagiert. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach den Familien der Opfer, Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj sowie der gesamten Ukraine am Mittwoch ihr tiefes Beileid aus. "Wir trauern mit Ihnen", schrieb die Deutsche auf Twitter. Bundeskanzler Olaf Scholz zeigte sich erschüttert. "Der Hubschrauberabsturz in #Brovary zeigt erneut den immensen Tribut, den die #Ukraine in diesem Krieg zahlt", schrieb Scholz am Mittwoch auf Twitter. US-Präsident Joe Biden würdigte Monastyrskyj als "Reformer und Patriot", der sich für den Willen des ukrainischen Volkes eingesetzt habe.
Putin zuversichtlich: "Sieg ist unausweichlich"
Putin erklärte in St. Petersburg bei einem Treffen mit handverlesenen Arbeitern in einem Werk des Konzerns Almas-Antej, dass Russlands Raketenbauer heute etwa so viel produzierten wie alle Länder der Welt zusammen. "Zum Beispiel stellen wir drei Mal so viele Flugabwehrraketen pro Jahr her wie die USA." Daher sei der Sieg Russlands am Ende "unausweichlich", meinte Putin. "Ich habe daran keinen Zweifel." Er stellte ein Gesetz in Aussicht, mit dem Werktätige der Rüstungsbranche vom Kriegsdienst ausgenommen werden.
Nato rechnet nicht mit baldigem Kriegsende
Die Nato rechnet nicht mit einem baldigen Ende des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine. "Putin bereitet sich auf einen langen Krieg vor", sagte der stellvertretende Generalsekretär Mircea Geoana am Mittwoch zum Auftakt einer zweitägigen Sitzung des Militärausschusses des westlichen Verteidigungsbündnisses. Putin habe bereits mehr als 200 000 zusätzliche Soldaten mobilisiert, steigere die Rüstungsproduktion und besorge sich auch weitere Waffen von autoritären Regimen wie dem Iran. "Wir müssen auf einen langen Weg vorbereitet sein", sagte Geoana. "2023 wird ein schwieriges Jahr und wir müssen die Ukraine solange es nötig ist unterstützen."
Britischer Geheimdienst sieht Probleme für Ukraine bei Bachmut
Nach Einschätzung britischer Geheimdienste stellt die russische Einnahme der ukrainischen Stadt Soledar für die Ukraine auch Probleme bei der Versorgung der größeren Stadt Bachmut dar. Eine von zwei Hauptversorgungsrouten gerate zunehmend unter Druck, hieß es am Mittwoch im täglichen Kurzbericht des britischen Verteidigungsministeriums. Die ukrainischen Streitkräfte hätten mutmaßlich weiter im Westen eine neue Verteidigungslinie aufgebaut, hieß es von den Briten. In den Randgebieten von Bachmut sei die Ukraine mutmaßlich weiterhin damit beschäftigt, die Stadt gegen kontinuierliche russische Angriffe zu verteidigen.
Debatte um Lieferung von Leopard-2-Panzer geht weiter
Die Grünen fordern vom designierten Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) eine rasche positive Entscheidung zur Lieferung von Leopard-2-Panzern. Grünen-Fraktionsvize Agnieszka Brugger sagte dem Medienhaus Table.Media: "Wer der Lieferung von Mardern zustimmen kann, kann auch Leopard-Panzer liefern." Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, Christoph Heusgen, plädiert dafür, dass Deutschland diese Kampfpanzer liefert. Viele Partner, so etwa Großbritannien oder Polen, wollten selbst Kampfpanzer an die Ukraine liefern und seien dafür, dass Deutschland dies ebenfalls tue, sagte Heusgen am Dienstagabend dem ZDF-"heute journal update".
Auch das Europaparlament forderte Scholz auf, Lieferungen von Leopard-Kampfpanzern an die Ukraine zu ermöglichen. Die Abgeordneten stimmten in Straßburg einem entsprechenden Antrag der Grünen mit großer Mehrheit zu. Wörtlich hieß es, das Europaparlament fordere Scholz dazu auf, "ein europäisches Konsortium relevanter europäischer Länder zu initiieren, um ohne weitere Verzögerung Leopard-2-Kampfpanzer an die Ukraine zu liefern". Es handelte sich bei dem Beschluss um einen rechtlich nicht bindenden Bericht.
Der ehemalige Bundeswehr-General Hans-Lothar Domröse rechnet damit, dass die Zurückhaltung in Berlin aufgegeben wird. "Ich erwarte, dass die Bundesregierung beim Treffen der Ukraine-Unterstützer am Freitag in Ramstein die Zusage für die Lieferung von Leopard-Kampfpanzern macht", sagte Domröse den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Panzer gelten als wichtig für die Rückeroberung besetzter Gebiete. Der Leopard 2 gilt als einer der wirkungsvollsten Kampfpanzer weltweit.
Bei einer Rede auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos ließ Scholz unterdessen weiter offen, ob er den Weg für die Lieferung von Leopard-2-Kampfpanzern in die Ukraine frei machen will. Er verwies erneut darauf, dass Deutschland bereits jetzt zusammen mit Großbritannien und nach den USA zu den größten Waffenlieferanten der von Russland angegriffenen Ukraine zähle. "Wir werden weiter ein so großer Unterstützer bleiben", versprach er. Deutschland werde liefern, so lange es nötig sei. Scholz bekräftigte auch, dass er weiter nur gemeinsam mit den Verbündeten über qualitativ neue Schritte bei Waffenlieferungen entscheiden werde. Explizit nannte er die USA und Frankreich. "Das ist unsere Strategie."
Medien: USA wollen Munition aus Israel in die Ukraine verlagern
Das US-Verteidigungsministerium will einem Medienbericht zufolge in Israel gelagerte Munition der Ukraine übergeben. Wie die "New York Times" am Mittwoch berichtete, bereitet sich das Pentagon derzeit auf den Waffentransfer an das von Russland angegriffene Land vor. Etwa die Hälfte der für die Ukraine bestimmten 300 000 Artilleriegeschosse sei demnach bereits nach Europa verschifft worden. Ein Sprecher des israelischen Militärs bestätigte der Deutschen Presse-Agentur, dass in Israel gelagerte Ausrüstung vor einigen Wochen auf Bitte der USA den US-Streitkräften übergeben wurde./mrd/DP/mis