GREIFSWALD (dpa-AFX) - Nach einer beispiellosen Sommerwelle der Vogelgrippe besteht nach Expertenmeinung das Risiko einer weiteren Welle. Der Vogelzug habe eingesetzt und gehe seinem Höhepunkt entgegen, sagte Timm Harder vom Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) bei Greifswald der Deutschen Presse-Agentur. "Tiere verschiedener geografischer Herkünfte und Arten kommen auf engem Raum in dieser Zeit jetzt zusammen. Und das ist für einen Virus natürlich eine ideale Gelegenheit, weitere Wirte zu finden", sagte der Leiter des Nationalen Referenzlabors für Aviäre Influenza am FLI. Damit steige auch das Risiko neuer Varianten.

Ob es tatsächlich so komme, sei schwer vorherzusagen. Entgegen der Saisonalität der Vergangenheit gab es auch im Sommer in Europa ein starkes Infektionsgeschehen. "Die Angst ist, dass eine empfängliche Wildvogelpopulation, die jetzt bei uns einfliegt, auf Virus trifft, das bereits hier im Ökosystem zirkuliert."

Auch drohe eine Ausbreitung über Gesamtdeutschland. Man erhalte aktuell wieder Wildtierproben aus dem mittleren Teil Deutschlands, sagte Harder. Es sei davon auszugehen, dass sich die Fixierung des Virus auf die Küsten vom Sommer löse. Damit steige auch das Risiko für Geflügelbetriebe abseits der Küsten. Das FLI werde die von Anfang Juli stammende Risikoeinschätzung für Halter (an den Küsten hoch und ansonsten gering) voraussichtlich entsprechend aktualisieren. Auch die zurückliegenden saisonalen Seuchenzüge im Winter hätten sich meistens auf ganz Deutschland erstreckt, erklärte Harder.

Die EU-Gesundheitsbehörde ECDC hatte kürzlich von der schwersten jemals erfassten derartigen Epidemie in Europa gesprochen. Laut einem Bericht der Behörde wurden während der Vogelgrippesaison 2021/2022 fast 2500 Ausbrüche in Geflügelhaltungen festgestellt. 48 Millionen Tiere seien dort gekeult worden. Für Menschen ist das derzeitig kursierende Virus laut Experten eher ungefährlich./chh/DP/zb