BRÜSSEL (dpa-AFX) - Die EU-Staaten haben sich auf eine allgemeine Position zur Reform der europäischen Schuldenregeln verständigt - sehen jedoch noch viele offene Fragen. "Wir haben in einigen Bereichen Übereinstimmung festgestellt", sagte Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) am Dienstag in Brüssel. "Es sind aber auch andere Felder identifiziert worden, wo noch weitere Arbeit nötig ist, weil die Sichtweisen sich unterscheiden, weil die Sichtweisen teilweise auch sehr kontrovers sind." Lindner nannte die gemeinsamen Schlussfolgerungen der Finanzminister deshalb eine Bestandsaufnahme.

Auf seinen Druck hin war in dem Text die Forderung ergänzt worden, dass die EU-Kommission sich eng mit den EU-Staaten austauscht, bevor sie ihre Legislativvorschläge für die Reform des sogenannten Stabilitäts- und Wachstumspaktes vorlegt. Dies soll in den kommenden Wochen geschehen. Bis Ende des Jahres sollen die Verhandlungen darüber nach Vorstellung der EU-Staaten abgeschlossen sein. Lindner hatte sich zuletzt vor allem darüber geärgert, dass die EU-Kommission sich in ihren vergangene Woche vorgelegten Leitlinien für die Haushalts- und Schuldenpolitik 2024 bereits auf die noch laufende Debatte über den Stabilitäts- und Wachstumspakt bezog.

Bereits im November hatte die EU-Kommission ihre Vorstellungen für die Reform der Schuldenregeln skizziert. Demnach sollen die Ziele, Schulden bei maximal 60 Prozent der Wirtschaftsleistung zu begrenzen und Defizite unter 3 Prozent zu halten, grundsätzlich bestehen bleiben. Allerdings soll es vor allem für das Erreichen des 60-Prozent-Ziels keine einheitlichen Vorgaben für die Mitgliedstaaten mehr geben. Zurzeit sind die Regeln bis 2024 ausgesetzt. Normalerweise müssen Staaten 5 Prozent der Schulden, die über der 60-Prozent-Marke liegen, pro Jahr zurückzahlen - für hoch verschuldete Länder wie Italien oder Griechenland wäre das für das Wachstum verheerend. Doch auch vor der Pandemie wurde das komplizierte Regelwerk oft missachtet - auch von Deutschland./wim/DP/ngu