WIESBADEN (dpa-AFX) - Der Auftragsbestand in der deutschen Industrie hat erstmals seit zweieinhalb Jahren einen deutlichen Dämpfer erhalten. Im September sei der Auftragsbestand im verarbeitenden Gewerbe im Monatsvergleich kalender- und saisonbereinigt um 0,9 Prozent gesunken, teilte das Statistische Bundesamt am Donnerstag mit. "Damit ist der Auftragsbestand erstmals wieder deutlich gesunken, nachdem er von Mai 2020 bis August 2022 fast durchgehend um insgesamt 37,6 Prozent gestiegen war", heißt es in der Mitteilung.

Nach Angaben des Bundesamtes haben die Industriebetriebe als Teil des verarbeitenden Gewerbes im September 4,0 Prozent weniger neue Aufträge an Land gezogen als im Monat zuvor. Der Auftragseingang sei unter anderem durch Folgen des Kriegs in der Ukraine und durch die Energiekrise belastet worden. Zuvor hatte eine starke Nachfrage nach Industrieprodukten bei gleichzeitig gestörten Lieferketten dazu geführt, dass die Betriebe ihre Aufträge nicht alle abarbeiten konnten und sich offene Aufträge immer weiter anstauten.

"Diese Entwicklung ist vorerst unterbrochen", hieß es in der Mitteilung des Bundesamtes. Im September sei erstmals seit Mai 2020 der nominale Auftragseingang niedriger als der Umsatz der Betriebe ausgefallen. Das bedeutet, es wurden mehr Aufträge abgearbeitet als neue hinzugekommen sind.

Trotz des Dämpfers befinde sich der Auftragsbestand aber auf einem "weiterhin ausgesprochen hohem Niveau", sagte Experte Nils Jannsen vom Institut für Weltwirtschaft (IfW). Demnach verfüge die deutsche Industrie nach wie vor über ein gutes Auftragspolster, sodass Rückgänge beim Auftragseingang vorerst nicht voll auf die Industrieproduktion durchschlagen. "Der hohe Auftragsbestand bleibt eine wichtige Stütze für die deutsche Konjunktur in dem rauen weltwirtschaftlichen Umfeld", erklärte Jannsen./jkr/bgf/stk