BERLIN (dpa-AFX) - In der Diskussion über angemessene Preise für Verbraucher wehrt sich die Energiewirtschaft dagegen, unter einen Generalverdacht gestellt zu werden. Die Strom- und Gasanbieter nutzten die Marktlage in der Regel nicht aus. "Die ersten Preissenkungen einzelner Gasversorger zeigen, dass der Wettbewerb am Gasmarkt funktioniert und die Energieversorger, sobald es ihre Beschaffungssituation erlaubt, Preissenkungen weitergeben", sagte die Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), Kerstin Andreae, am Freitag in Berlin.

Zuvor hatte Bundeskanzler Olaf Scholz Energiekonzerne aufgefordert, sinkende Großhandelspreise an die Verbraucher weiterzureichen. Er "erwarte, dass die Energieunternehmen die Situation jetzt nicht ausnutzen und Sondergewinne machen", sagte der SPD-Politiker in der "Bild"-Zeitung. Wer die Lage ausnutze, handele unmoralisch.

Andreae entgegnete: "Statt eines pauschalen Verdachts und pauschaler Kritik sollte der Bundeskanzler eher Energieversorger wie zum Beispiel ein Stadtwerk besuchen, um sich vor Ort ein Bild der Lage zu machen." Die kommunalen und privaten Energieversorger versuchten die Auswirkungen der Krise auf die Kunden so gering wie möglich zu halten. Im intensiven Wettbewerb könne es sich kein Unternehmen erlauben, "seine Preise nicht zu senken, wenn es nur irgendwie möglich ist".

Mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine vor einem Jahr hatte sich Energie in Deutschland auf breiter Front verteuert. Die Einfuhr von Energie kostete mehr, die Verkaufspreise der Hersteller stiegen ebenso wie die Preise, die Verbraucher zahlen mussten, wie aus den jüngst veröffentlichten Daten des Statistischen Bundesamtes hervorgeht. Zuletzt sanken die Großhandelspreise für Strom und Gas allerdings wieder. Der BDEW teilte mit, im Gasgroßhandel seien Anzeichen für eine länger anhaltende Entspannung der Preissituation erkennbar, auch im Hinblick auf die nächsten Monate und im kommenden Jahr./cjo/DP/mis