FRANKFURT (dpa-AFX) - Die deutschen Banken sollten sich nach Ansicht von Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing nicht auf ihren jüngsten Erfolgen ausruhen. "Deutschlands und Europas Banken sind heute so profitabel wie seit vielen Jahren nicht mehr", sagte Sewing, der auch Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken ist, am Mittwoch auf einer "Handelsblatt"-Konferenz in Frankfurt.

"Aber wir dürfen uns auch nichts vormachen: Der internationalen Konkurrenz hinken wir weiter hinterher - bei manchen Instituten mehr, bei anderen weniger", sagte Sewing. "Deswegen müssen wir weiter hart an uns arbeiten, noch profitabler werden, in Personal und Technologie investieren und das Kundenerlebnis optimieren."

Das sage er "in dem vollen Bewusstsein, dass wir in der Deutschen Bank beziehungsweise der Postbank unsere Kunden in dieser Hinsicht sehr enttäuscht haben", sagte Sewing. "Wir sind hier unserer Verantwortung nicht gerecht geworden - und müssen jetzt umso härter dafür arbeiten, die Probleme schnell und vollständig zu beheben und das Vertrauen zurückzugewinnen."

Bei der zum Deutsche-Bank-Konzern gehörenden Postbank hatten sich Kundenbeschwerden gehäuft, vor allem im Zusammenhang mit einer IT-Umstellung. Dazu kamen Probleme mit Pfändungsschutzkonten. Die Dauerprobleme hatten dem Institut eine öffentliche Rüge der Finanzaufsicht Bafin eingebracht.

Sewing sagte nun, 70 Prozent des Rückstaus seien abgearbeitet. "Es gibt an der Lage nichts zu beschönigen." Es sei eine Situation, für die man sich nur entschuldigen könne.

Nach Sewings Einschätzung braucht Europa insgesamt leistungsfähigere Banken. "Es gibt nicht mal eine Handvoll europäischer Banken, die global wettbewerbsfähig sind. Und auch diese Banken fallen hinter die globalen Marktführer zurück - und nicht nur hinter die Amerikaner." Der Konzernchef bekräftigte: "Wir brauchen in Europa einen Rahmen, der Banken mehr Spielraum für die Kreditvergabe lässt, der Kapitalmarktfinanzierungen erleichtert und damit endlich europaweites Wachstum ermöglicht."

Sewing forderte eine europäische Kapitalmarktunion, um langfristig die Finanzierung der europäischen Wirtschaft sicherzustellen. Bei der Kapitalmarktunion geht es im Kern darum, bürokratische Hürden zwischen den einzelnen EU-Staaten abzubauen, um Unternehmen mehr Möglichkeiten zu geben, sich Geld zu beschaffen. Pläne der EU-Kommission für eine Kapitalmarktunion liegen seit September 2015 auf dem Tisch, doch die Umsetzung stockt./ben/stw/DP/stw