GREIFSWALD (dpa-AFX) - Der Corona-Experte Lars Kaderali spricht sich für eine Aufhebung noch verbleibender Corona-Maskenpflichten etwa in Bussen und Bahnen aus. "Da wäre ich eigentlich dafür, die jetzt aufzuheben", sagte das Mitglied des Corona-Expertenrats der Bundesregierung der Deutschen Presse-Agentur. Gegebenenfalls könne man noch bis etwa eine Woche nach Silvester warten, um zu schauen, ob die Zahlen sinken. "Aber ich denke eigentlich, dass das jetzt, was Corona angeht, nicht mehr nötig ist."

Zuletzt hatten eine wieder gestiegene Anzahl an Corona-Infektionen, aber vor allem eine starke Grippewelle sowie andere Atemwegserkrankungen zu einer hohen Belastung des Gesundheitssystems geführt. Laut Kaderali deuteten Daten eine Entspannung an. "Wobei das im Moment noch sehr schwer einzuschätzen ist." Grund seien mögliche Auswirkungen der Feiertage. Noch nicht ganz klar sei, wie sich das veränderte Kontaktverhalten über die Feiertage auswirke.

Kaderali hofft, dass nach einer möglichen Aufhebung der Maskenpflicht der Mund-Nasen-Schutz trotzdem nicht gänzlich verschwindet. In so einem Fall ziehe sich der Staat zurück und die Verantwortung gehe verstärkt auf jeden Einzelnen über. Von Südostasien etwa, wo auch schon vor der Corona-Pandemie häufiger Masken getragen wurden, könne man sich Einiges abgucken. Das sei etwa sinnvoll, wenn man selbst erkrankt sei oder es gerade eine starke Grippewelle gebe, sagte der Bioinformatiker.

Zwar hätten die Corona-Schutzmaßnahmen zu der starken Welle aus Atemwegserkrankungen beigetragen. Die Immunsysteme hätten praktisch drei Jahre lang keinen Kontakt mit den Erregern gehabt. Allerdings sei dies kein Grund, grundsätzlich keine Masken zu tragen, betonte Kaderali. Im Idealfall sollte das Immunsystem über Impfungen trainiert werden. Die Quote auch bei Grippeschutzimpfungen sei zuletzt zu niedrig gewesen. Mit Masken könne man sich selbst vor Symptomen wie Fieber schützen, aber auch Infektionswellen abflachen.

Mit Blick auf die aktuelle Corona-Situation in China sagte Kaderali: "Mein Eindruck ist, dass da sich eine Katastrophe anbahnt, tatsächlich. Da wird es viele Tote geben." Man habe mit der Null-Covid-Strategie zwar Zeit gewonnen, diese aber nicht genutzt. In den Risikogruppen gebe es noch viele Ungeimpfte, zudem sei der dort verwendete Impfstoff nicht so gut wie diejenigen, die hierzulande genutzt werden. "Das ist ja das, was uns in Deutschland und Europa letztlich die Haut gerettet hat, dass eben hier mit einem sehr effektiven Impfstoff breit geimpft worden ist."

Wegen der vielen Infektionen in China sieht Kaderali auch die Gefahr neuer Varianten. Bislang bereite ihm das noch keine großen Sorgen, man müsse es aber im Auge behalten. Diverse Länder haben bereits Testpflichten für Einreisende aus China angekündigt beziehungsweise eingeführt. "Ich könnte mir vorstellen, dass das sinnvoll ist, das zu machen", sagte Kaderali./chh/DP/he