BERLIN (dpa-AFX) - Wirtschaft, Gewerkschaften und Politik haben sich in einem von der Regierung initiierten Bündnis auf das gemeinsame Ziel von deutlich mehr bezahlbaren Wohnungen in Deutschland verständigt. Per Unterschrift einigten sich die Teilnehmer des "Bündnisses bezahlbarer Wohnraum" am Dienstagabend auf Dutzende einzelne Maßnahmen, wie die Deutsche Presse-Agentur aus Regierungskreisen erfuhr. An diesem Mittwoch wollen Bundeskanzler Olaf Scholz und Bauministerin Klara Geywitz (beide SPD) die Pläne erläutern.

In ihrem Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP im Dezember ein "Bündnis bezahlbarer Wohnraum" mit allen wichtigen Akteuren angekündigt. Die Ampel will unter anderem den Bau von 400 000 neuen Wohnungen pro Jahr erreichen, davon 100 000 öffentlich geförderte.

Geywitz hatte zum Auftakttreffen des Bündnisses im April gesagt: "Es geht darum, dass wir ein dickes Brett durchschlagen: Wir haben in Deutschland einen ganz großen Bedarf an Wohnungen, vor allem bezahlbarem Wohnraum." Trotz Lieferengpässen, Fachkräftemangel und Energiepreiskrise infolge des Ukrainekriegs hielt Geywitz zuletzt an dem Ziel von 400 000 neuen Wohnungen fest.

Im ZDF hatte Geywitz im Sommer etwa angekündigt, die Bedingungen für serielles Bauen schaffen zu wollen. "Wir brauchen Typengenehmigungen: Wenn ein Haus in Hamburg genehmigt ist, muss nicht nochmal ein Beamter in Bayern drüber nachdenken, ob das ein sicheres und ein gutes Haus ist." Reformen kündigte sie auch bei der Bauförderung an.

Der Präsident des Deutschen Mieterbundes, Lukas Siebenkotten, äußerte sich zurückhaltend zu dem Bündnis. Er habe keine wirklich hohen Erwartungen an die Vorstellung des Berichts, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. "Die Arbeit des Bündnisses ist von der Realität überholt worden. Wir sind meilenweit vom Ziel der Bundesregierung entfernt, in diesem Jahr 400 000 Wohnungen zu bauen." Er gehe davon aus, dass es weniger als 300 000 Wohnungen sein würden

- "und womöglich auch weniger Sozialwohnungen als im Vorjahr, als

rund 25 000 Sozialwohnungen fertiggestellt worden sind".

"Für die Mieterinnen und Mieter ist das Problem des immer teurer werdenden Wohnens keineswegs gelöst", betonte Siebenkotten. "Gerade deshalb muss das Thema wieder stärker in die erste Reihe der Politik. Das muss der Kanzler deutlich machen."

Bundesweit sind die Kaltmieten zuletzt innerhalb eines Jahres im Schnitt um drei Prozent gestiegen. Der durchschnittliche inserierte Quadratmeterpreis lag im ersten Halbjahr 2022 bei 9,64 Euro, wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Caren Lay hervorgeht, die der dpa vorliegt.

Nicht nur Mieterinnen und Mieter in den Metropolen mussten demnach mehr fürs Wohnen zahlen - besonders hoch waren die Preisanstiege für Erst- und Wiedervermietungen mit 13 Prozent im niedersächsischen Salzgitter. In Rostock stiegen die Nettokaltmieten zwischen dem 1. Halbjahr 2021 und dem 1. Halbjahr 2022 um zwölf Prozent. Auf Platz 3 lag Bottrop mit einer Steigerungsrate von zehn Prozent.

Auch woanders stiegen die Kaltmieten innerhalb eines Jahres deutlich

- etwa in Kiel um neun Prozent, in Leverkusen und Leipzig um jeweils

acht und in Bremen um sieben Prozent. Die Werte gehen auf Berechnungen des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) zurück. Das BBSR wertete dafür Inserate aus Immobilienportalen und Zeitungen aus./sku/bw/DP/stk