FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Nachdem der DAX die 13.000er Marke zurückerklommen hatte, sind diese Woche neue Konjunkturdaten, der vierte US-Zinsentscheid und Zahlen zur Berichtssaison zu verarbeiten.

31. Oktober 2022 Frankfurt (Börse Frankfurt). Die jüngsten Kurssteigerungen an den Aktienmärkten könnten zum Monatswechsel enden. Eine saisonale Trendwende ist zumindest nach Ansicht von Experten nicht in Sicht: Technisch spitze sich die Lage zu, kommentiert Martin Utschneider von Donner & Reuschel. Der Abwärtsmodus sei seit dem Anfang Juni intakt. "Die aktuelle Tendenz ähnelt bislang weiterhin stark den beiden bisherigen Bärenmarkt-Rallys im August und Oktober. Es bedarf also weiterhin Notierungen oberhalb der 13.300, um den besagten Abwärtsmodus wirklich zu verlassen."

Das Chartbild sei zwar verlockend, die 13.273 aber weiterhin sprichwörtlich das Nadelöhr." Erst hier breche der Trend. Außerdem könnte das dünnere Handelsvolumen am Montag und Dienstag bedingt durch regionale Feiertage Fehlausbrüche mit sich bringen.

Am Montagmorgen steht der DAX bei 13.276 Punkten nach einem Xetra-Schlussstand vom Freitag bei 13.243. In Asien zeichnet sich ein uneinheitliches Bild ab: In China sinken die Kurse nachdem die Einkaufsmanagerindizes für Industrie und Dienstleistungen schwächer als erwartet ausgefallen und unter die Expansionsschwelle von 50 Punkten gesunken waren. Der Nikkei 225 legt hingegen zu

"Nach der deutlichen Erholung dürften sich die Anleger auch angesichts der zuletzt erlebten Enttäuschungen großer Titel in der Berichtssaison vor den wichtigen Terminen etwas zurückhalten", kommentiert Hans-Jürgen Delp von der Commerzbank.

Microsoft und Alphabet hatten vergangene Woche mit niedrigeren Prognosen aufgewartet, Meta die Umsatzerwartungen verfehlt und weitere Verluste für die Sparte Reality Labs angekündigt und Amazon mit schwachem Umsatz wie Gewinn negativ überrascht.

Nächste große US-Zinserhöhung am Mittwoch gilt als sicher

Diese Spuren der hohen Inflation in der Realwirtschaft dürfte die US-Notenbank zu einer weiteren großen Zinserhöhung animieren. Nach dem Fed Watch Tool der Börse Chicago erwarten 81,3 Prozent einen solchen großen Zinsschritt. "Angesichts der aktuellen Inflationsdaten und des weiterhin sehr robusten Arbeitsmarktes ist am 2. November mit einem neuerlichen 75er Schritt zu rechnen", kommentiert Patrick Franke von der Helaba.

2022 hat die Fed die Leitzinsen bereits um 300 Basispunkte angehoben und nach Ansicht von Franke Spuren hinterlassen: "An den Kapitalmärkten haben sich die vergangenen Zinserhöhungen schon in niedrigeren Aktienkursen, spürbar höheren langfristigen Zinsen und einem starken US-Dollar niedergeschlagen." All dies dämpfe die Realwirtschaft und die Inflation - mit einer gewissen Verzögerung

Auch Robert Halver von der Baader Bank rechnet mit einem Leitzins von 4 Prozent nächste Woche. "Doch der Ton macht die Musik", denn es mehrten sich Hinweise, dass die US-Notenbank zukünftig eine weniger wuchtige Zinserhöhungspolitik fahren könne, da sich in den USA die Stimmung der Unternehmen, der Konsumenten und am Immobilienmarkt eingetrübt habe. Das bremse das Inflationspotenzial. "Selbst der Arbeitsmarkt frohlockt weniger."

Daher rechneten die Finanzmärkte für Dezember nur noch mit einer Zinsanhebung um 50 Basispunkte. Die Schlussfolgerung von Halver: "Da der Zins der natürliche Feind der Aktie ist, wird die Beruhigung der Zinsängste eine stabilisierende Wirkung auf die Aktienmärkte in Amerika und Europa haben." Auch kleine Lichtblicke der Unternehmen würden den Börsen mehr fundamentale Kraft geben.

Quartalsberichte besser als erwartet

Martin Reinwand von der Helaba sieht bereits viel Negatives eingepreist. "Die Zahlen aus den Unternehmen sind weniger schlecht als von manchen Marktteilnehmern befürchtet." Die Hälfte der S&P 500-Unternehmen habe bereits über das dritte Jahresviertel berichtet, mehr als 70 Prozent hätten die Erwartungen übertroffen. Im DAX liege ein Viertel der Berichte vor - hier habe die Hälfte die Konsensschätzungen überboten.

Ausblicke weniger schlecht als befürchtet

Entscheidend seien allerdings die Gewinnperspektiven, wobei nach wie vor die Abwärtsrevisionen überwögen. Allerdings hält sich nach Reinwands Einschätzung das Ausmaß in Grenzen: Auf Sicht von zwölf Monaten rechne der Konsens mit einem Gewinnanstieg bei den S&P 500-Unternehmen von knapp 7 Prozent und für die im DAX enthaltenen Titel um 5 Prozent. An den Börsen seien dagegen zum Teil deutliche Gewinnrückgänge eingepreist worden. "Die günstige Bewertung insbesondere von Euro-Titeln wird daher mehr und mehr zum Kaufargument, unabhängig davon, ob kurzfristig bereits der Ausbruch aus dem Abwärtstrend gelingt", fasst Reinwand zusammen. Saisonal zähle das vierte Quartal ohnehin in DAX und S&P 500 langfristig zu der mit Abstand besten Phase des Jahres. Allerdings sei in Jahren mit drei schlechten Quartalen die Performance im vierten Jahresviertel in der Vergangenheit sehr unterschiedlich ausgefallen.

Sieben DAX-Berichte zum abgelaufenen Quartal

In dieser Woche berichten sieben DAX-Unternehmen über das abgelaufene Quartal. Am Dienstag geben Fresenius und Fresenius Medical Care Einblick in den Geschäftsverlauf, am Mittwoch BMW, HeidelbergCement. Am Donnerstag folgen Zalando und am Freitag Vonovia. Aus der zweiten Reihe werden u.a. Hugo Boss, Hannover Rück und aus dem SDAX am Klöckner & Co am Donnerstag über das Quartal informieren.

Schon am Montag dürften weiter gestiegene Verbraucherpreise für die Eurozone gemeldet werden und Rückschlüsse über die künftige Geldpolitik der EZB zulassen. Neben der Fed-Entscheidung am Mittwoch hat der Arbeitsmarktbericht aus den USA am Freitag besondere Bedeutung: Als vorletzter Bericht vor der Dezember-Zinsentscheidung ist er ein wichtiger Indikator für diesen einen letzten möglichen Zinsschritt dieses Jahres zur Dezember-Sitzung. Die Mitglieder betonen immer wieder, dass ein Arbeitsmarktbericht allein für ihre Entscheidung nicht ausreiche.

Wichtige Konjunktur- und Wirtschaftstermine der Woche

Montag, 31. Oktober 2022

11:00 Uhr. EU: Verbraucherpreise, Oktober

Die Verbraucherpreise könnten im Jahresvergleich um 10 Prozent gestiegen sein.

Mittwoch, 2. November 2022

19:00 Uhr. USA: FOMC-Zinsentscheidung

Mit der vierten Zinserhöhung in Folge rechnet auch die DekaBank. Die Begründung der Ökonom*innen: "Das Problem der Fed liegt darin, dass sich die Preisdynamik in den geldpolitisch wichtigen Bereichen wie etwa der nachfragebedingten Inflation nicht abschwächt und es bislang auch keine Anzeichen dafür gibt, dass der Auslastungsgrad am Arbeitsmarkt wie gewünscht fallen würde."

Freitag, 4. November 2022

14:30 Uhr. USA: Arbeitsmarktbericht, Oktober

Die Commerzbank rechnet mit einem etwas verlangsamten Stellenaufbau von 220.000 neuen Jobs. Sie sieht angesichts des wesentlich höheren Bedarfs noch lange keine Entspannung am US-Arbeitsmarkt.

von: Antje Erhard, 31. Oktober 2022, © Deutsche Börse AG

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)