FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 26. Oktober 2022. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Eigentlich bedurfte es nur eines Zeitungsartikels im Wall Street Journal am vergangenen Freitag, damit mit einem Mal bei den Investoren die Hoffnung auf einen Kurswechsel der US-Notenbank aufkeimte. Es genügte nämlich die winzige Andeutung eines Kommentators, die Notenbanker könnten darüber nachdenken, wie sie den Finanzmärkten eine mögliche Verlangsamung des Zinserhöhungstempos am besten vermittelten. Als kurz darauf dann noch das Statement eines Mitglieds des Offenmarktausschusses der US-Notenbank (Mary Daly) folgte, das jene Andeutung zu bestätigen schien, war bei den Akteuren so etwas wie ein Hoffnungsschimmer aufgekommen. Plötzlich hielt man es für möglich, dass die US-Notenbank nach einer weiteren Zinserhöhung von 75 Basispunkten bei ihrer November-Sitzung in der kommenden Woche anschließend mit weiteren Schritten nicht mehr ganz so forsch vorgehen würde.

Ein Eindruck, der sich nach teils miserablen Wirtschaftsdaten (etwa die Einkaufsmanagerindizes dies- und jenseits des Atlantiks) auch noch verstärkte. Denn mit den damit verbundenen Rezessionserwartungen könnte die Inflation zumindest in den USA, so das Narrativ, ihren Zenit überschritten haben. Am Ende verfestigte sich auch der DAX im Wochenvergleich um 2,7 Prozent und hat somit innerhalb von zwei Wochen in der Punktbetrachtung um fast 1.000 Punkte zugelegt.

Auf Umwegen bullish

An der Stimmung der von uns befragten institutionellen Investoren mit mittelfristig orientiertem Handelshorizont hat sich indes nicht allzu viel geändert. Denn unser Börse Frankfurt Sentiment-Index ist gegenüber der Vorwoche gerade einmal um 4 Punkte auf einen neuen Stand von +9 gestiegen. Dabei ist die Gruppe der Bären um 3 Prozentpunkte geschrumpft - ein geringer Teil davon hat sich direkt auf die Bullenseite begeben, möglicherweise im Zuge des zwischenzeitlichen DAX-Rücksetzers in einer Größenordnung von 1,6 Prozent.

Auch bei den Privatanlegern hat sich die Stimmung noch einmal geringfügig verbessert, wobei unser Börse Frankfurt Sentiment-Index in diesem Panel um 2 Punkte auf einen neuen Stand von +4 angezogen hat. Auffällig hierbei ist, dass sich die Gruppe der neutral gestimmten Anleger um 6 Prozentpunkte praktisch auf das Niveau von vor 14 Tagen verringert hat, wobei sich nun eine leichte Polarisierung zugunsten der Optimisten ergibt. Man könnte auch sagen, dass ein Teil der Privatanleger während der vergangenen beiden Wochen über Umwege seine vormals pessimistische in eine optimistische Meinung geändert hat.

FOMO, die Angst etwas zu verpassen

Mit der heutigen Befragung hat sich die geringe Stimmungskluft zwischen privaten und institutionellen Investoren aus der Vorwoche leicht vergrößert. Letztere halten unter dem Strich mehrheitlich an ihrer optimistischen Meinung fest, obwohl sich mittlerweile weitere Kursgewinne eingestellt haben. Abgesehen davon, dass die dahinter stehenden Positionen möglicherweise nicht allzu hoch sein dürften, könnte die Angst, eine weitere, deutliche Aufwärtsbewegung zu verpassen (FOMO, "the fear of missing out") größer sein, als der Wunsch, die bisher aufgelaufenen Gewinne zu realisieren. Zumal die sehr hohe Kassenquote der internationalen Fondsmanager (vgl. die Umfrage der Bank of America aus der vergangenen Woche) ein großes Reservoir für Aktienkäufe langfristig orientierter Investoren bereithält.

Insgesamt bleibt der Einfluss der heimischen Investoren überschaubar, zumal das Sentiment nicht gerade ausgeprägte bullish ist - ein Umstand, der auch für die relative Betrachtung auf drei und sechs Monate gilt. Immerhin ist eine Verbesserung der Grundstimmung unverkennbar, aber nicht in Bereichen, die Sentiment-technisch als Beeinträchtigung für den DAX gewertet werden können. Dahinter steckt nicht nur die Hoffnung, dass der Inflationshöhepunkt (in den USA) und damit die allergrößte Angst vor einer zu falkenhaften Notenbankpolitik schon bald überwunden sein könnte. Es ist das Warten auf die Rückkehr der langfristigen Kapitalströme in den DAX.

26. Oktober 2022, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)