FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - 15. März 2023. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Als hätten sie es geahnt: Bereits vor mehr als einer Woche schien die Mehrheit der von uns befragten Investoren das drohende Ungemach für die Aktienmärkte vorhergesehen zu haben und zeigte sich daher in Hinblick auf die Entwicklung der Finanzmärkte eher skeptisch. Allerdings konnte sich zum Zeitpunkt unserer vergangenen Umfrage wohl kaum jemand vorstellen, dass der Auslöser für den deutlichen Rückgang der Aktienkurse dies- und jenseits des Atlantiks eine Bankenpleite in den USA sein würde. Denn für die meisten Akteure an den Finanzmärkten war es bis dahin nicht die Frage, ob die US-Notenbank bei ihrer am kommenden Mittwoch endenden Sitzung die Zinsen weiter erhöhen würde, sondern um wieviel. Nach der Anhörung vor dem Bankenausschuss des US-Senats hinterließ Fed-Chef Jerome Powell - obwohl er dies später zu relativieren versuchte - nämlich bei vielen Börsianern implizit den Eindruck, es könnte sich gar um einen Zinsschritt von 50 Basispunkten handeln. Und hätten die USA in den vergangenen Tagen nicht die zweit- und drittgrößten Bankenzusammenbrüche in der US-amerikanischen Geschichte erlebt, würden einige Strategen heute mit Berufung auf Jerome Powell tatsächlich auf einen Zinsschritt von 50 Basispunkten setzen. Aber dies ist nun Makulatur. Am Ende hat der heimische DAX im Wochenvergleich seit unserer vergangenen Umfrage 2,6 Prozent an Wert verloren.

In die relative Schwäche gekauft

Dieser deutliche DAX-Rücksetzer ist einem Teil der pessimistischen Mehrheit der von uns befragten institutionellen Investoren mit mittelfristigem Handelshorizont offenbar zupass gekommen. Denn unser Börse Frankfurt Sentiment-Index ist um 23 Punkte auf einen neuen Stand von -3 gestiegen; es handelt sich übrigens um den höchsten Stand seit dem 14. Januar. Im gleichen Zug hat sich die Gruppe der Bullen um 13 Prozentpunkte erhöht, wobei mehr als drei Viertel dieses Zuwachses auf das Konto vormals bearish eingestellter Akteure geht. Mit anderen Worten: Es sind nicht nur bearishe Positionen im fallenden Markt glattgestellt, sondern gleich um 180 Grad in Long-Positionen gedreht worden.

Auch bei den Privatanlegern hat es einen deutlichen Umschwung zu den Bullen gegeben. Denn der Börse Frankfurt Sentiment-Index in diesem Panel ist um 15 Punkte auf einen neuen Stand von +8 gestiegen. Die Wanderung zu den Optimisten setzt sich zur Hälfte aus vormals pessimistisch eingestellten Investoren zusammen, die ihre Position - wie von uns bereits häufig beobachtet, handelt es sich hierbei um eine kleine Gruppe von circa 5 Prozent aller Befragten, die eher kurzfristig ausgerichtet sind - von bearish auf bullish gedreht haben, die andere Hälfte kommt von vormals neutral eingestellten Investoren.

Schnäppchenjäger oder selbstsichere Bullen?

Die heutige Befragung zeigt zweierlei. Zum einen ist die Kursentwicklung, die beim DAX vom Hochpunkt der vergangenen Befragung gerechnet vorübergehend einen Kursverlust von 4,9 Prozent bedeutete, naturgemäß vielen Pessimisten zupass gekommen. Dabei hätte man sich mit Gewinnmitnahmen bei den Käufen in die Schwäche begnügen, sprich: den weiteren Lauf der Dinge abwarten können. Es mag auf der anderen Seite wohl der im Vergleich zu den moderaten Anstiegen der Vorwochen deutlichen Abwärtsentwicklung des DAX innerhalb kürzester Zeit geschuldet sein, dass sich vor allem bei den institutionellen Investoren der Eindruck verfestigt hat, in der Schwäche seien sogar bullishe Positionen gerechtfertigt.

Ob es sich nun um Schnäppchenjäger handelt oder sogar um Akteure, die die US-Bankenkrise womöglich schon abgehakt haben, sei nun dahingestellt. In jedem Fall stellen diese Engagements eine Belastung für den DAX dar. Denn die Stimmung ist gerade in der relativen Betrachtung auf Sicht von drei Monaten sogar als leicht optimistisch zu bezeichnen; es handelt sich um ein Stimmungshoch in diesem Jahr. Es bleibt zu vermuten, dass nach oben die jüngsten Käufer dem DAX im Falle einer weiteren Erholung nicht allzu lange die Treue halten und vermutlich zwischen 15.300/15.350 Zählern etwaige Gewinne realisieren werden. Abgabedruck entstünde allerdings auch bei weiteren Kursverlusten des DAX, denn eben diese Käufer dürften dann kaum allzu lange zusehen, sondern die Reißleine ziehen. Was also heute noch wie eine - im großen Bild - vergleichsweise harmlose Korrektur aussieht, könnte sich dann doch zu einer größeren Abwärtsbewegung ausweiten.

15. März 2023, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)