FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Traditionell haben kleine Werte die großen geschlagen, die aktuelle Schwächephase erweist sich aber als langwierig. Anzeichen einer Umkehr à la USA gibt es noch nicht. Da hilft nur der Blick auf extrem gut laufende Einzelwerte, etwa Verve, Cyan und MPC.

16. Dezember 2024. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die immer neuen DAX-Hochs kommen im KMU-Segment nicht an. Anders in den USA: Dort ist der Small Cap-Index Russell 2000 seit der Wahl von Donald Trump stark gestiegen. Die vor allem auf den Binnenmarkt ausgerichtete Nebenwerte dürften noch mehr von Präsident Donald Trump und seinem "Make America Great Again"-Kurs profitieren als die großen, heißt es. Hierzulande treten MDAX, SDAX und auch der Scale-Index auf der Stelle. Das schlechte wirtschaftliche Umfeld machen den Kleinen zu schaffen.

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Der Scale All Share steht am Montagmorgen bei 1.147 Punkten und damit leicht unter dem Niveau des Vormonats und auch dem Stand zu Jahresanfang. Dabei bleibt das Bild im Scale-Segment extrem gemischt. Der Kurs des Top-Performers, des Werbesoftwareanbieters Verve Group (SE0018538068) hat sich auch nach den jüngsten Kursrücksetzern auf Zwölfmonatssicht immer noch mehr als verdreifacht. Die Kurse von Cyan (DE000A2E4SV8), Apontis Pharma (DE000A3CMGM5), MPC Capital (DE000A1TNWJ4) und Advance Blockchain (DE000A0M93V6) haben sich verdoppelt oder mehr als verdoppelt. Am anderen Ende stehen heftige Verluste, etwa von Mynaric (DE000A31C305), EV Digital Invest (DE000A3DD6W5), Noratis (DE000A2E4MK4), der Veganz Group (DE000A3E5ED2) und Cliq Digital (DE000A35JS40).

Apontis kurz vor dem Abschied

Der Kurssprung von Apontis im Oktober ist allerdings auf die Übernahme des Unternehmens zurückzuführen. Der tschechische Generikahersteller Zentiva hatte ein Angebot für den Monheimer Single-Pill-Anbieter abgegeben, und zwar für 10 Euro je Aktie. Zentiva meldete nun, das Kaufangebot abgeschlossen zu haben. Das Unternehmen halte nun knapp 84 Prozent des Grundkapitals und gut 85 Prozent der Stimmrechte an Apontis. Die Börsennotierung der Apontis-Aktien soll unmittelbar nach Abwicklung des Angebots enden. Schon andere, gut laufende Scale-Mitglieder waren übernommen worden, etwa Kassensystemunternehmen Vectron und der Anbieter von Compliance-Programmen EQS Group.

TPG: Vom Schuhladen zur Multi-Branchen-Plattform

Selbst auf Übernahmekurs ist The Platform Group (TPG). Das Wiesbadener Unternehmen ist hervorgegangen aus einem 1882 gegründeten Schuhgeschäft in Hofheim am Taunus und ist mittlerweile Online-Plattformanbieter, der "stationäre, engagierte Händler mit Kunden verbindet", so die Selbstbeschreibung. TPG mit CEO Dominick Benner wächst stark und hat zuletzt weitere Übernahmen bekannt gegeben, und zwar der Finanzplattform FirstWire und des Onlinehändlers für Luxusuhren Chronext. Für das laufende Jahr kommt The Platform Group damit auf neun Zukäufe, acht davon bereits vollzogen, wie das Unternehmen meldet. Die Wachstumsstrategie soll auch 2025 fortgesetzt werden.

Die Aktie hatte sich bis Juni sehr gut entwickelt, schwächelt seitdem etwas und wird am Montagmorgen bei 7,54 Euro gehandelt. Seit Jahresanfang ergibt das immer noch ein Plus von 22 Prozent. Das Analysehaus First Berlin hält den Kurs für viel zu niedrig und bestätigt die Kaufempfehlung bei einem Kursziel von 16 Euro. TPG habe starke Quartalsergebnisse geliefert, der Umsatzanstieg um 44 Prozent und die Verfünffachung des bereinigtes Ebitda zum Vorjahr hätten die Prognosen übertroffen. Auch das Analysehaus Montega empfiehlt den Kauf, das Kursziel liegt hier bei 13 Euro. "TPG überzeugt einmal mehr mit einem starken Zahlenwerk und wird die eigenen Jahresziele aller Voraussicht nach deutlich übertreffen", heißt es.

Cantourage: Keine Sorgen um Cannabis-Aus

Gut läuft es auch für den Anbieter von medizinischem Cannabis Cantourage - zumindest geschäftlich. Cantourage legte überzeugende Zahlen für den November vor. Das Unternehmen erzielte einen Monatsumsatz von rund 7,2 Millionen Euro - ein Plus von 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Für das Gesamtjahr rechnen die Berliner nun mit Umsätzen zwischen 46 und 50 Millionen Euro (bisher mindestens 40 Millionen Euro) und einem Ebitda zwischen 3 und 4 Millionen (bisher mindestens 2 Millionen Euro).

Montega hat daraufhin seine Kaufempfehlung bestätigt und das Kursziel auf 11,50 Euro erhöht. Das wäre mehr als eine Kursverdopplung gegenüber den aktuellen 5,35 Euro. "Seit April zeigt sich eine beeindruckende monatliche Wachstumsrate von 12,3 Prozent, was die anhaltend hohe Nachfrage nach medizinischem Cannabis verdeutlicht", erklärt das Analysehaus. Die Dynamik sei wohl auf die verstärkte Verlagerung von Patienten weg vom Schwarzmarkt hin zur vereinfachten Rezeptverordnung durch ?"rzte zurückzuführen. Cantourage ist Montage zufolge auch international wohl eins der wenigen profitablen Unternehmen in der Branche. Was einen möglichen Regierungswechsel in Deutschland im Februar angeht, zeigt sich Montega übrigens unbesorgt: Das Analysehaus erwartet keine Rückkehr zum Status vor dem 1. April, also vor der Cannabis-Teilliberalisierung. Gewisse Einschränkungen seien aber möglich, etwa ein Verbot von Rezepten aus dem Ausland. Auch das Analysehaus NuWays rät zu Cantourage, das Kursziel liegt ebenfalls bei 11,50 Euro.

Verve punktet mit KI-gesteuerter Werbesoftware

Auch die Neunmonatszahlen der Verve Group - früher Media and Games Invest - kommen bei Analystinnen und Analysten gut an. GBC spricht von einer "dynamische Umsatz- und Ergebnisentwicklung". Mobile In-App-Werbung und ID-lose Werbelösungen sorgten für ein starkes organisches Wachstum. Die Empfehlung lautet "Kaufen", das Kursziel liegt bei 6,70 Euro (aktuell 3,19 Euro). First Berlin sieht das ähnlich: "Der Neunmonatsbericht zeigte erneut eine starke Leistung", heißt es. Auch First Berlin rät zum Kauf und nennt einen fairen Wert von 5,50 Euro.

Von Anna-Maria Borse © 16. Dezember 2024, Deutsche Börse AG

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)