BERLIN/BRÜSSEL (dpa-AFX) - Industrievertreter haben den Beschluss für einen EU-Gaspreisdeckel als Risiko für die Versorgungssicherheit kritisiert. "Gaspreisdeckel lösen keine Versorgungskrise, sondern riskieren grundsätzlich die Versorgungssicherheit in Europa", sagte Holger Lösch, Vize-Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), am Dienstag. Gas gehe in die Regionen, die bereit seien, die durch die Gasknappheit hervorgerufenen Preise zu bezahlen.

Die EU-Staaten hatten sich am Montag darauf geeinigt, den Gaspreis im europäischen Großhandel unter bestimmten Bedingungen zu begrenzen, wenn er 180 Euro pro Megawattstunde am Handelsplatz TTF übersteigt. Wird der Mechanismus ausgelöst, wird der Preis bei maximal 35 Euro pro Megawattstunde über dem internationalen Preis für Flüssiggas (LNG) gedeckelt. Das Vorhaben betrifft grundsätzlich Großkunden, die am TTF handeln - nicht Endverbraucher, wie etwa bei der Gaspreisbremse der Bundesregierung.

Lösch begrüßte, dass der neue Mechanismus an strenge Sicherheitsvorkehrungen gebunden sei. "Der Deckel muss ausgesetzt werden, sobald Risiken für die Energieversorgungssicherheit, die Finanzstabilität oder die Gasflüsse innerhalb der EU entstehen." Die Bundesregierung hatte sich lange wegen Bedenken bei der Versorgungssicherheit gegen den Preisdeckel gesträubt, stimmte letztlich aber zu.

Die Märkte schienen durch den Beschluss zunächst nicht beunruhigt. Der Gaspreis am TTF stieg am Tag nach der Entscheidung nicht wie teils befürchtet an, sondern sank leicht. Er lag am Dienstagmittag bei ungefähr 105 Euro pro Megawattstunde. Am Montag kostete das Gas dort 108 Euro pro Megawattstunde.

Die Staaten hatten sich auch darauf geeinigt, Gaseinkäufe künftig zu koordinieren und etwa Solar- oder Windanlagen schneller zu genehmigen. BDI-Vize Lösch kommentierte, das sende ein starkes Signal für die Versorgungssicherheit und den Klimaschutz. "Nur eine Erhöhung des Energieangebots kann der Gasknappheit und damit verbundenen hohen Energiepreisen dauerhaft entgegenwirken", sagte er./dub/DP/mis