MÜNCHEN/BERLIN (dpa-AFX) - Der Fachkräftemangel in Deutschland wird nach Ansicht von Bayern durch zu lange Visa-Verfahren an den deutschen Auslandsvertretungen unnötig verstärkt. "Die Visumverfahren an den deutschen Auslandsvertretungen dauern viel zu lange und bilden ein massives Hindernis für Unternehmen und Fachkräfte", heißt es in einem Brief von Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) an Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne), der der Deutschen Presse-Agentur in München vorliegt. Er verweist in dem Kontext auf gleichlautende Kritik von Unternehmern und "herausgehobenen politischen Akteuren", welche an ihn herangetragen werde.

Er gehe davon aus, dass es sich bei den langen Wartezeiten für Visa um ein weit verbreitetes Problem handelt, das deutsche Auslandsvertretungen in den verschiedensten Ländern betreffe. Besonders gravierend seien die Probleme in den Westbalkan-Staaten, betonte Herrmann. "Von dort sind für Visa auf der Grundlage der Westbalkan-Regelung Wartezeiten von über zwölf Monaten bekannt. Das ist nicht akzeptabel. Es darf nicht einfacher sein, an Deutschlands Grenzen Asyl zu beantragen, als an einer deutschen Botschaft ein ordentliches Arbeitsvisum zu erhalten. So kann der Fachkräftebedarf nicht vernünftig gedeckt werden."

Herrmann forderte als ersten Schritt zur Verbesserung eine Übersicht von Wartezeiten für Visa. Entsprechende Vorstöße seien bislang allerdings ohne Erfolg geblieben. Außerdem halte er es für elementar, die Auslandsvertretungen fit für die gestiegenen Anforderungen zu machen, um die Wartezeiten zu verkürzen. "Die Auslandsvertretungen müssen zeitnah bedarfsgerecht organisatorisch und personell gestärkt, die Digitalisierung der Visaverfahren beschleunigt und -soweit nötig

- auch Aufgaben durch das neue Bundesamt für Auswärtige Aufgaben

übernommen werden."

Auch Bayerns Gesundheits- und Pflegeminister Klaus Holetschek (CSU) forderte den Bund auf, rasch innovative Konzepte zu entwickeln, um ausländische Fachkräfte in der Pflege nach Deutschland zu holen. "Qualifizierte Pflegefachkräfte aus dem Ausland für eine Arbeit in Deutschland zu gewinnen, ist ein Beitrag, um dem Personalmangel zu begegnen", sagte er der Deutschen Presse-Agentur in München. Es brauche hier so wenig Bürokratie wie möglich und so viel Attraktivität für die Fachkräfte wie möglich.

"Ein Weg dazu wäre, die bundesrechtlichen Anforderungen an die Dokumentenprüfung zu überarbeiten. Durch immer individueller werdenden Vorgaben zur Nachqualifizierung für ausländische Pflegefachkräfte gibt es kaum mehr einen Markt für pauschale Anpassungsmaßnahmen", sagte Holetschek. Länder wie Irland machten vor, dass es auch anders gehe: Ausländische Pflegekräfte erhielten dort keinen Bescheid mit detaillierter Defizitfeststellung, sondern hätten die Möglichkeit, im Rahmen einer standardisierten Prüfung ihre Kompetenzen unter Beweis zu stellen. Danach erhielten sie die sofortige Berufszulassung./had/DP/zb