BERLIN (dpa-AFX) - Der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) hat seine Partei eindringlich davor gewarnt, die Koalition mit SPD und Grünen nach den schweren Wahlschlappen der Liberalen zu verlassen. "Die FDP darf auf keinen Fall aus der Ampel-Koalition aussteigen. Das wäre Selbstmord", sagte Baum der "Rheinischen Post". Bei Neuwahlen kämen die Liberalen womöglich nicht mehr in den Bundestag, warnte der 91-Jährige. Auch sei jetzt nicht Zeit für einen vorgezogenen Bundestagswahlkampf, der alle Kräfte binden würde. "Unser Land und die Welt haben jetzt ganz andere Probleme. Ein Ausstieg der FDP aus der Ampel wäre eine Flucht vor der Verantwortung."

Die FDP müsse sich um ein breiteres Politikangebot kümmern, mahnte Baum. Die Sorge um die finanzpolitische Stabilität und um das Wirtschaftswachstum sei wichtig, dürfe aber nicht das Hauptziel der Liberalen sein. "Wir erleben eine krisenhafte Zuspitzung in der Weltpolitik, die es so in Jahrzehnten nicht gegeben hat. Und wir haben als FDP dazu nicht die nötigen Perspektiven", beklagte Baum. Er empfahl seiner Partei auch, alles zu tun, um Kernbranchen wie die Auto-, die chemische und die Stahlindustrie im Land zu halten, notfalls mit staatlichen Hilfen und Beteiligungen.

Die FDP hatte bei den drei Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg nur marginale Ergebnisse erzielt und den Einzug in die Landtage deutlich verpasst. FDP-Vize Wolfgang Kubicki hatte Zweifel angemeldet, ob die Ampel-Koalition Weihnachten noch erreicht. Parteichef Christian Lindner sprach von einem "Herbst der Entscheidungen" und mahnte, wichtige Fragen in der Wirtschaftspolitik, beim Haushalt und bei einer Kontrolle der Zuwanderung müssten in diesem Herbst geklärt werden. Auf Nachfrage nannte der Finanzminister einen Zeitraum bis Weihnachten.

Umfrage: Grüne und FDP sacken weiter ab

In einer neuen Umfrage verlieren Grüne und FDP unterdessen weiter an Zustimmung. Im Insa-Meinungstrend für "Bild" kommen die Grünen mit 9,5 Prozent (-0,5) erstmals seit sieben Jahren nur noch auf einen einstelligen Wert. Die FDP verliert auf 3,5 Prozent (-1,0). Die SPD legt hingegen zu auf 15,5 Prozent (+1,5). Die Union sackt auf 32 Prozent (-1,0) ab. Die AfD verbessert sich einen halben Punkt auf 20 Prozent. Das BSW hält mit 10 Prozent seinen Wert aus der Vorwoche. Die Umfrage wurde vom 20. bis 23. September erhoben./shy/DP/zb