BERLIN (dpa-AFX) - Die Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Katarina Barley (SPD), hat den langjährigen Umgang der Europäischen Union mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban kritisiert. "Das ist für mich der große Sündenfall der Europäischen Union. Viktor Orban ist ja nicht von einem Tag auf den anderen in so eine Position gekommen, dass er die EU erpressen kann, sondern das hat sich über zwölf Jahre aufgeschaukelt", sagte Barley dem Nachrichtenportal "The Pioneer" (Dienstag).

"Er ist zu lange geschützt worden", sagte sie. "Jetzt ist er in einer sehr bequemen Position. Er hat sein Land und die Regeln, das Wahlrecht, die Medienfreiheit, viele andere Dinge so geändert, dass er fast nicht mehr abgewählt werden kann." Er könne die EU erpressen, sagte Barley. "Er ist gleichzeitig der korrupteste Regierungschef der ganzen Europäischen Union und stopft leider sich und seinen Kumpels die Taschen voll mit europäischem Geld." Das einzige Mittel, das helfe, sei, ihm das Geld abzudrehen, so Barley.

Orban hatte am Montag ein nach eigenen Angaben rund zwei Stunden langes Gespräch mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) geführt. Dabei seien alle schwierigen Themen angesprochen worden. Vom Kanzleramt gab es keine Mitteilung zu dem Gespräch. Eine bei solchen Treffen übliche gemeinsame Pressekonferenz war ohne Begründung gar nicht erst angesetzt worden. Am Dienstag nimmt er an einer vom Magazin "Cicero" veranstalteten Diskussionsrunde mit dem Titel "Sturm über Europa - der Ukrainekrieg, die Energiekrise und geopolitische Herausforderungen" teil./da/DP/zb