STUTTGART (dpa-AFX) - Baden-Württembergs IG-Metall-Chef Roman Zitzelsberger hat vor den Folgen des milliardenschweren US-Investitionsprogramm für die deutsche Industrie gewarnt. Das sogenannte Inflationsbekämpfungsgesetz sei ein echter "Gamechanger", sagte Zitzelsberger der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. "Die protektionistische Industriepolitik der USA erinnert schon ansatzweise an chinesische Industriepolitik", so Zitzelsberger, der den Pilotabschluss in der Metall- und Elektrobranche verhandelt hat und als Nachfolger von IG-Metall-Bundeschef Jörg Hofmann gehandelt wird.

"Wenn Investitionen so radikal subventioniert werden wie in den USA, dann wird das Geschäfte verschieben", sagte Zitzelsberger. Wenn sich daran nichts ändere, dann würden "ganz massiv Investitionen in Richtung USA verlagert werden". Er könne sich aber nicht vorstellen, dass sich an der US-Politik nichts mehr ändere. "Damit gäbe es so ein Ungleichgewicht im Wettbewerb, dass zum Beispiel in Europa hergestellte Fahrzeuge keine Chance auf dem US-Markt hätten."

Das US-Inflationsbekämpfungsgesetz sieht milliardenschwere Investitionen in den Klimaschutz vor. Subventionen und Steuergutschriften sind daran geknüpft, dass Unternehmen US-Produkte verwenden oder in den USA produzieren. Daran gibt es in Europa viel Kritik.

Die Europäische Union dürfe jetzt nicht den Fehler machen und ein vergleichbares europäisches Programm als Reaktion vorlegen. "Dann wäre ein Handelskrieg im vollen Gange", so Zitzelsberger. Stattdessen müsse die EU mit den USA über die neuen Regeln reden. Der Gang führe über die Welthandelsorganisation. Diese müsste sicherstellen, dass die USA entweder gleichermaßen Förderung auf der anderen Seite des Atlantiks akzeptiere, "oder eben diese restriktive Form der Förderung gar nicht erst durchführt". Letzteres halte er für den richtigen Weg, weil sonst auch noch andere Regionen auf der Welt nachziehen müssten.

Zitzelsberger kritisierte zudem die Industriepolitik der EU. Mit Blick auf die geplante neue Abgasnorm Euro 7 sprach er davon, dass die Grenzwerte zwar "völlig akzeptabel" seien, jedoch kämen auf die Automobilhersteller viele Regeln zu, "die so viel Geld schlucken, das dann beim Umstieg auf CO2-freie-Antriebe schlicht fehlt". Die Industriepolitik der EU mache ihm noch größere Sorgen als das US-Investitionsprogramm, "das zugegebenermaßen auch schon eine echte Bedrohung ist"./rwi/DP/stk