ROM (dpa-AFX) - Der Besuch des Sozialdemokraten Enrico Letta bei der SPD in Berlin hat in Italien für Aufsehen gesorgt. Die politischen Gegner des früheren Ministerpräsidenten kritisierten dessen Trip nach Berlin und das Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz am Montag zu Beginn der letzten Woche des Wahlkampfes. Letta suche sich Unterstützung aus dem Ausland statt sich um die Interessen der Bürger zu kümmern, sagte Giorgia Meloni, die Parteichefin der rechtsextremen Fratelli d'Italia und Wahlfavoritin für Sonntag.

Meloni fragte, ob Letta bei Scholz für eine europaweite Deckelung des Gaspreises geworben habe, die Italien schon seit Monaten fordert. "Oder vielleicht ist er hingefahren, um sich loben zu lassen im Gegenzug dafür, dass Italien bei dem Thema schweigt", sagte die nationalistische Politikerin provokativ. Meloni schimpft seit einiger Zeit gegen Deutschland, das sich gegen einen EU-weiten Gaspreisdeckel stelle, weil dies dem eigenen Land schade, behauptete die Römerin. Letta sprach von einer "völlig überzogenen" Reaktion Melonis.

In Anlehnung an die Wurzeln der Fratelli d'Italia (Brüder Italiens) hatte SPD-Chef Lars Klingbeil am Montag gesagt, dass er hoffe, dass Letta und dessen Partito Democratico die Wahl gewinne "und nicht Meloni als Postfaschistin Italien auf einen falschen Weg bringt". Meloni hat den Faschismus nie komplett verurteilt - ihre Partei führt sogar heute noch eine Flamme, die an Benito Mussolini erinnert, im Parteilogo.

"Bei allem Respekt für Berlin, Paris, Budapest, Moskau, Washington oder wen auch immer, am Sonntag wählen Italiener für Italiener. Die Deutschen kümmern sich besser um ihre eigenen Belange", sagte Melonis Koalitionspartner Matteo Salvini von der rechtspopulistischen Lega.

Wahlforscher sagen für den Rechtsblock - zu dem neben den Fratelli und der Lega auch noch die konservative Forza Italia von Silvio Berlusconi gehört - einen deutlichen Sieg voraus. Melonis Fratelli könnten dazu als deutlich stärkste Einzelpartei abschneiden./msw/DP/jha