Prognose für 2022 und 2023
Wien (APA-ots) - Nach der kräftigen Expansion im 1. Halbjahr 2022
befindet sich die österreichische Volkswirtschaft mittlerweile in
einer Abschwungphase. Die Konjunkturabschwächung betrifft sämtliche
Wertschöpfungsbereiche; das verarbeitende Gewerbe dürfte sogar in
eine Rezession schlittern. Das reale BIP wird 2022 um voraussichtlich
4,8% wachsen und im Folgejahr in etwa stagnieren (2023 +0,2%). Da die
Inflation auch 2023 hoch bleibt, steuert Österreichs Wirtschaft
erstmals seit den 1970er-Jahren auf eine Stagflation zu.
"Aufgrund ihrer höheren Erdgasintensität dürfte eine Rationierung
infolge möglicher Versorgungsengpässe die deutsche Wirtschaft härter
treffen als die österreichische", so Christian Glocker, einer der
Autoren der aktuellen WIFO-Prognose.
Im 1. Halbjahr 2022 befand sich die österreichische
Volkswirtschaft noch in einer Phase der Hochkonjunktur, die bereits
im Herbst 2020 begonnen hatte. Nun setzt jedoch ein Abschwung ein,
der gemäß Vorlaufindikatoren kräftig ausfallen wird. Damit dürfte der
Konjunkturaufschwung der letzten beiden Jahre jäh enden.
Abbildung 1: Erdgasintensität der österreichischen und der
deutschen Wirtschaft - auf der [WIFO-Website]
(https://www.wifo.ac.at/wwa/pubid/69812)
Übersicht 1: Hauptergebnisse der Prognose - auf der [WIFO-Website]
(https://www.wifo.ac.at/wwa/pubid/69812)
Die weitgehende Aufhebung der behördlichen COVID-19-Maßnahmen hat
den Dienstleistungssektor und insbesondere den privaten Konsum
zeitweise stark beflügelt. Dieser Effekt läuft nun aus. Nun werden
die dämpfenden Einflüsse des internationalen Umfeldes stärker auf die
Gesamtwirtschaft durchschlagen. Einerseits trübt die Abschwächung der
Weltkonjunktur den Ausblick für die heimischen Warenexporte und damit
für die Industrie und die Investitionen. Andererseits stellen die
markant gestiegenen Weltmarktpreise für Rohstoffe, Energie und
Intermediärgüter einen negativen Terms-of-Trade-Schock dar. Er hält
den inländischen Preisauftrieb hoch und verursacht
Realeinkommensverluste, die den privaten Konsum dämpfen. Staatliche
Konsumstützungsausgaben wirken dem jedoch entgegen.
Unter diesen Bedingungen wird Österreichs Wirtschaft im Jahr 2022
noch um 4,8% expandieren und damit stärker wachsen als im Vorjahr
(2021 +4,6%). Neben einer moderaten Industriekonjunktur tragen 2022
vor allem die Dienstleistungen zum gesamtwirtschaftlichen Wachstum
bei. Im Folgejahr dürfte die Dynamik allerdings stark abebben (2023
+0,2%).
Die Konjunktur führt 2022 noch zu einer günstigen Entwicklung auf
dem Arbeitsmarkt. Neben einem deutlichen Beschäftigungsanstieg
(+2,7%) dürfte die Arbeitslosigkeit trotz einer Ausweitung des
Arbeitskräfteangebots sinken (19,6% gegenüber dem Vorjahr). Für 2023
wird dagegen nur mehr ein schwacher Beschäftigungszuwachs (+0,5%) und
ein Anstieg der Arbeitslosenquote auf 6,7% erwartet (2022: 6,4%).
Die prognostizierte Abflachung der konjunkturellen Dynamik wird
sich nur langsam auf die Preise auswirken. Die Inflationsrate laut
Harmonisiertem Verbraucherpreisindex (HVPI) wird 2022 auf 8,4%
anziehen (2021: 2,8%). 2023 wird sich der Preisauftrieb zwar
geringfügig auf 6,6% abschwächen, er bleibt jedoch im Vergleich zum
langjährigen Durchschnitt kräftig. Für 2023 wird somit eine hohe
Inflation und zugleich eine Stagnation der Realwirtschaft erwartet.
Damit steuert Österreich das erste Mal seit den 1970er-Jahren auf
eine Stagflation zu.
Zu den Definitionen siehe ["Methodische Hinweise und Kurzglossar"]
(https://www.ots.at/redirect/wifo25).
Rückfragehinweis:
Rückfragen bitte am Freitag, dem 7. Oktober 2022, von 13 bis 15 Uhr, an Mag. Dr. Christian Glocker, MSc, Tel. (1) 798 26 01 - 467, christian.glocker@wifo.ac.at
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/235/aom
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OTS0056 2022-10-07/10:00