Österreich-Ergebnisse der euroraumweiten Umfrage über das
Kreditgeschäft vom Oktober 2022 (Bank Lending Survey)
Wien (APA-ots) - Die Nachfrage nach Wohnbaukrediten ist in Österreich im
dritten Quartal 2022 stark gesunken. Die steigenden Zinsen - bei
anhaltend hohen Immobilienpreisen - und die Unsicherheit über die
weitere Wirtschaftsentwicklung sind die Hauptgründe dafür. Im
Gegensatz dazu blieb die Nachfrage nach Unternehmenskrediten
expansiv. Des Weiteren haben die Banken im dritten Quartal 2022
vermehrt Kreditanträge privater Haushalte zur Wohnbaufinanzierung und
Kreditanträge von kleinen und mittleren Unternehmen abgelehnt. Das
zeigt die aktuelle Umfrage der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB)
über das Kreditgeschäft. Die vierteljährliche Umfrage, in der
führende Banken nach ihren Einschätzungen gefragt werden, wurde in
der zweiten Septemberhälfte 2022 durchgeführt.
Wohnbaukredite: Nachfrage sinkt deutlich, Banken verschärfen
Angebotspolitik
Die Nachfrage nach Wohnbaukrediten ist im dritten Quartal 2022 stark
gesunken, und auch für das vierte Quartal 2022 erwarten die befragten
Banken einen weiteren, starken Rückgang der Nachfrage. Das stellt
einen Bruch einer langjährigen, expansiven Entwicklung dar. Als
Hauptgründe für den Rückgang wurden die steigenden Zinsen (1) - bei
anhaltend hohen Immobilienpreisen - und die Unsicherheit über die
weitere wirtschaftliche Entwicklung genannt. Kredite werden teurer
und weniger leistbar, insbesondere im derzeit schwierigen Umfeld mit
hoher Inflation und der erwarteten Konjunkturabkühlung.
(1) Siehe auch die Presseaussendung der OeNB vom 6. Oktober 2022 mit
dem Titel "Steigende Zinsniveaus bei Wohnbaukrediten"
Die Banken haben ihre Richtlinien für Wohnbaukredite im dritten
Quartal 2022 deutlich verschärft. Als Gründe führten sie die
Risikosituation an sowie die im August 2022 in Kraft getretene
"Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung"
(KIM-V), die nachhaltige Vergabestandards bei der Finanzierung von
Wohnimmobilien festschreibt.
Gleichzeitig mit dem starken Rückgang der Nachfrage nach
Wohnbaukrediten haben die Banken im dritten Quartal 2022 auch
vermehrt Kreditanträge zur Wohnbaufinanzierung abgelehnt, was vor dem
Hintergrund der verschärften Angebotspolitik und des schwierigen
wirtschaftlichen Umfelds zu sehen ist.
Unternehmenskredite: Nachfrage steigt weiter, Angebotspolitik erneut
verschärft
Im Gegensatz zum Geschäft mit Wohnbaukrediten ist die Nachfrage im
Kreditgeschäft mit Unternehmen weiter sehr expansiv. Damit setzt sich
der Trend der letzten eineinhalb Jahre fort. Im dritten Quartal 2022
zeigte sich diese Entwicklung erneut vor allem bei kurzfristigen
Krediten und bei Krediten an große Unternehmen. Die Kreditnachfrage
von kleinen und mittleren Unternehmen und jene nach langfristigen
Krediten ist hingegen kaum noch gewachsen. Die Banken erwarten, dass
diese Entwicklungen auch im vierten Quartal 2022 weitgehend anhalten.
Seit dem vierten Quartal 2021 ist der Finanzierungsbedarf für
Lagerhaltung und Betriebsmittel der dominierende Grund für den
Anstieg der Nachfrage insbesondere nach kurzfristigen Krediten. Der
langfristige Finanzierungsbedarf für Anlageinvestitionen ist in den
letzten drei Quartalen hingegen viel schwächer und mit abnehmender
Intensität gestiegen.
Diese Entwicklungen sind eine Folge des Kriegs in der Ukraine und der
weltweiten wirtschaftlichen Verwerfungen (Lieferkettenprobleme,
Preisauftrieb insbesondere bei Energie und Rohstoffen,
Konjunkturabkühlung). Die Lieferkettenprobleme gehen zwar langsam
zurück, veranlassen Unternehmen aber weiterhin, vorsorglich ihre
Lagerbestände aufzubauen; umfassende Preissteigerungen erhöhen
generell den Liquiditätsbedarf der Unternehmen. Die Unsicherheit über
die weitere wirtschaftliche Entwicklung bzw. der beginnende Abschwung
wirken hingegen dämpfend auf die Nachfrage nach langfristigen
Investitionskrediten.
Die bankinternen Richtlinien für Unternehmenskredite wurden im
dritten Quartal 2022 erneut restriktiver, nachdem sie bereits im
zweiten Quartal 2022 etwas verschärft wurden. Für das vierte Quartal
2022 werden abermals strengere Richtlinien erwartet. Als Hauptgrund
für die Verschärfungen in den letzten beiden Quartalen nannten die
befragten Banken eine ungünstigere Risikoeinschätzung
(Wirtschaftslage, Lage und Kreditwürdigkeit der Unternehmen). Auch
die Margen für Unternehmenskredite wurden im zweiten und dritten
Quartal 2022 erhöht. Wesentliche Gründe dafür waren die
Refinanzierungsbedingungen der Banken und ihre Risikoeinschätzung.
Im zweiten und besonders im dritten Quartal 2022 haben die Banken
vermehrt Kreditanträge von kleinen und mittleren Unternehmen
abgelehnt, was - ähnlich wie im Geschäft mit Wohnbaukrediten - der
verschärften Angebotspolitik und dem schwierigen wirtschaftlichen
Umfeld zuzuschreiben ist.
Die Zentralbanken des Euroraums - in Österreich die Oesterreichische
Nationalbank (OeNB) - führen gemeinsam mit der Europäischen
Zentralbank (EZB) seit Anfang 2003 viermal jährlich eine Umfrage über
das Kreditgeschäft im Euroraum durch, um ihren Informationsstand über
das Kreditvergabeverhalten der Banken, die Kreditnachfrage von
Unternehmen und privaten Haushalten, sowie sonstige die Geldpolitik
betreffende Themen zu verbessern. Dabei werden rund 150 führende
Banken aus allen Ländern des Euroraums befragt, darunter acht
Institute aus Österreich.
Eine ausführliche Darstellung der österreichischen Ergebnisse wird in
Statistiken - Daten & Analysen Q4/2022 und vorab auf der OeNB-Website
veröffentlicht. Dort finden sich auch weitere Informationen und Daten
zu den Österreich-Ergebnissen der Umfrage
(https://www.oenb.at/Geldpolitik/Erhebungen/umfrage-ueber-das-kreditg
eschaeft.html).
Die Resultate für den Euroraum werden von der EZB auf ihrer Website
publiziert
(https://www.ecb.europa.eu/stats/ecb_surveys/bank_lending_survey/html
/index.en.html).
Rückfragehinweis:
Oesterreichische Nationalbank
Dr. Christian Gutlederer
Pressesprecher
(+43-1) 404 20-6900
christian.gutlederer@oenb.at
www.oenb.at
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/156/aom
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