FRANKFURT/HELSINKI (dpa-AFX) - Die geplante mehrheitliche Übernahme des angeschlagenen Energiekonzerns Uniper durch den deutschen Staat hat am Mittwoch die Altaktionäre weiter in die Flucht getrieben. Der von der Bundesregierung gezahlte Übernahmepreis von 1,70 Euro je Aktie befeuert Befürchtungen bei den Investoren, auf noch größeren Verlusten sitzenzubleiben. Die Uniper-Aktie fiel am Morgen mit Abschlägen von zeitweise fast 40 Prozent weiter ins Bodenlose.

Auf der anderen Seite zündete ein Kursfeuerwerk bei Fortum - denn der bisherige finnische Mehrheitsaktionär ist mit der Uniper-Verstaatlichung mit einem Schlag eine schwere Last los. Die Fortum-Aktie eröffnete in Helsinki in der Frühe mit einem Zuwachs von rund 20 Prozent, zuletzt standen die Papiere noch mit 13 Prozent im Plus.

Die Bundesregierung, Uniper und der bisherige Uniper-Mehrheitseigentümer Fortum haben sich auf eine weitgehende Verstaatlichung von Uniper verständigt. Am Mittwoch wurde laut Angaben des Unternehmens ein entsprechendes Stabilisierungspaket für Uniper unterzeichnet, das eine Kapitalerhöhung und den Erwerb der Uniper-Anteile von Fortum (aktuell knapp 78 Prozent) vorsieht.

Der Bund übernimmt die Mehrheit an Uniper unter anderem im Rahmen einer Kapitalerhöhung in Höhe von 8 Milliarden Euro zu einem Ausgabepreis von 1,70 Euro je Aktie unter Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre. Damit kommt es zu der von Marktteilnehmern bereits befürchteten massiven Verwässerung bei den Altaktionären. Letztlich wird der Bund etwa 98,5 Prozent der Anteile an Uniper besitzen. Da der Bund keinen Ausschluss (Sqeeze Out) der Altaktionäre plant, könnte sich dies als weitere Belastung für den Kurs erweisen. Denn noch mehr Investoren könnten nun versuchen, ihre Papiere am Markt zu verkaufen, um einen Totalverlust zu vermeiden.

Zuletzt lag der Kurs am Markt trotz des Einbruchs noch deutlich über dem Übernahmepreis durch den Staat: Nach ihrem morgendlichen steilen Fall dämmten Uniper-Aktien bis zum späten Vormittag ihre Verluste etwas ein, und notierten mit knapp 33 Prozent im Minus bei 2,82 Euro. Der Kursverlust der Anteile des 2016 von Eon abgespaltenen Unternehmens summierte sich damit in diesem Jahr auf rund 93 Prozent.

Branchenkenner sehen den Deal aktuell vor allem für Fortum positiv. Die Verstaatlichung von Uniper sei für die Finnen ein sauberer Schnitt und zerstreue die Befürchtungen von Investoren, kommentierte Deepa Venkatesvaran vom Analysehaus Bernstein. Die Experten der US-Investmentbank JPMorgan hoben in diesem Zusammenhang vor allem die Rückzahlung einer milliardenschweren Kreditlinie an Fortum hervor. Damit bleibe der finnische Versorger letztlich nur auf dem ökonomischen Schaden durch den Kursverlust der Aktie sitzen.

Der Uniper-Beteiligung von Fortum habe der Markt ohnehin keinen Wert mehr beigemessen, stellte Bernstein-Analystin Venkatesvaran in diesem Zusammenhang fest. Dass die Finnen ihre Aktien nun zu 1,70 Euro je Stück verkauften, bedeute deshalb nach ihren Berechnungen für Fortum immerhin noch einen Wertzuwachs von etwa 500 Millionen Euro. Zudem stärke die Entkonsolidierung das Eigenkapital der Skandinavier um 5 Milliarden Euro. Die JPMorgan-Experten gehen nunmehr davon aus, dass die Fortum-Aktie sich wieder an der Bewertung als alleinstehendes Unternehmen orientieren wird./tav/ag/men