(neu: weitere Analystenkommentare, Kurse)

FRANKFURT (dpa-AFX) - Gesenkte Jahresziele haben am Montag die Aktien von United Internet und Tochter 1&1 schwer belastet. Ein tagelanger Netzausfall bei 1&1 im Mai führt bei beiden Unternehmen 2024 zu weniger Wachstum und einem geringeren operativen Gewinn als bisher erwartet. Während Anleger verschreckt reagierten und sich von Aktien trennten, wertete so mancher Analyst die Warnungen der beiden als "weniger schlimm, als es auf den ersten Blick erscheint".

Im allgemein schwachen Marktumfeld sackten 1&1 im SDax um 15,4 Prozent auf 12,42 Euro ab. United Internet - das Unternehmen ist mit 78 Prozent an 1&1 beteiligt - verloren als Schlusslicht im MDax knapp 18 Prozent auf 16,14 Euro. Beide Anteilsscheine sind damit zurück auf dem tiefsten Niveau seit ziemlich genau einem Jahr.

Die Gewinnwarnung von 1&1 vom Freitagabend und die Zahlen zum zweiten Quartal sehen laut Berenberg-Analyst Usman Ghazi "schlimmer aus als sie sind". Die gesenkte Prognose für das operative Jahresergebnis relativiere sich aufgrund von zeitlichen Effekten. Er verwies vor allem auf Investitionsausgaben im laufenden Jahr zum Aufbau eines 1&1-eigenen Bestands an Netzkomponenten, die bisher von Ausbaupartnern bevorratet worden seien. Diese 2024 anfallenden Ausgaben dürften 2025 und 2026 wiederum zu einer Entlastung der Investitionsschätzungen führen, erklärte er.

Ghazi nennt außerdem gleich zwei gute Gründe, warum der SDax-Konzern Netzkomponenten auf Vorrat haben wolle. Erstens könnten die Vorräte genutzt werden, um künftige Netzausfälle effektiver und schneller zu bewältigen. Zweitens könne 1&1 so mehr Vorteile aus Zeit verkürzenden Genehmigungsvorschriften in Deutschland ziehen.

Von "vorübergehenden operativen Herausforderungen" und "Einmaleffekten", die die Ergebnisse von 1&1 belastet hätten, schrieb auch Goldman-Analyst Andrew Lee. Bernstein-Analyst Ulrich Rathe, der zwar insgesamt gesehen kritisch eingestellt ist zur Aktie von 1&1, nannte überdies die Zahlen zur Neukundenentwicklung und den Service-Umsätzen im zweiten Quartal "angesichts der Umstände (Netzwerkausfall im Mai) solide".

Mit Blick auf den Mutterkonzern United Internet und der wegen höherer Kosten bei 1&1 gekappten Ebitda-Jahresprognose resümierte Analystin Nizla Naizer von der Deutschen Bank: "Der Ausbau des 1&1-Netzwerks fordert seinen Tribut." Deshalb habe United Internet sein operatives Ergebnisziel um etwa drei Prozent nach unten korrigiert. Die daraus folgende Überarbeitung der durchschnittlichen Analystenschätzung werde also nicht allzu groß sein.

Allerdings dürfte ihr zufolge nun aber erst einmal "mehr Klarheit" das Gebot der Stunde sein, um wieder Vertrauen herzustellen. Für sie stehen daher die Details zu den Quartalszahlen der beiden Unternehmen und die Telefonkonferenzen am 8. August im Fokus.

Berenberg-Experte Ghazi erwartet beruhigende Worte des Managements am kommenden Donnerstag. Die fundamentalen Bewertungsauswirkungen der gesenkten Ziele auf die Aktien von 1&1 und United Internet lägen im Grunde nur "im niedrigen einstelligen Bereich", was nicht zu dem aktuell herben Kursverlust der Aktien an diesem Tag passe./ck/nas/jha/