FRANKFURT (dpa-AFX) - Zwischen wegweisenden Zinsentscheiden haben die Anleger am Donnerstag relativ nervös agiert. Im Nachgang eines eher unklaren Ausblicks der US-Notenbank Fed sowie vor der Zinsentscheidung der EZB ging es unter Schwankungen nach unten. Mit einem Abschlag von zeitweise fast einem Prozent rutschte der Dax auf ein Tief seit drei Wochen.

Mit 15 732,24 Punkten stand der deutsche Leitindex zur Mittagszeit dann mit 0,52 Prozent im Minus. Der MDax mit den mittelgroßen deutschen Werten gab um 0,49 Prozent auf 27 301,18 Zähler nach, während der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 um 0,6 Prozent fiel.

Am Vorabend hatte die US-Notenbank ihren Leitzins zum zehnten Mal in Folge erhöht, den weiteren geldpolitischen Kurs aber offen gelassen. In ihrer Erklärung zum Zinsentscheid strichen die Währungshüter zwar eine wichtige Passage, wonach weitere Zinsanhebungen zu erwarten seien. Allerdings wurden zusätzliche Erhöhungen auch nicht explizit ausgeschlossen. Gespannt wird nun darauf gewartet, ob es von der EZB eine Erhöhung um 0,25 Prozentpunkte oder gar nochmals um 0,5 Punkte geben wird.

Laut dem Marktbeobachter Konstantin Oldenburger vom Broker CMC Markets hielt sich der US-Notenbankchef Jerome Powell mit einer "Siegeserklärung im Kampf gegen die Inflation" zurück. "Er ließ sich auch die Möglichkeit offen, die Zinsen weiter zu erhöhen, falls die Inflation hartnäckiger bleibt als erwartet, und widersprach damit den Markterwartungen von Zinssenkungen noch in diesem Jahr", betonte der Marktbeobachter. Bei rund 15 700 Punkten sieht er den Dax auf gefährlichem Terrain. In diesem Bereich hatte sich der Leitindex zuletzt immer wieder stabilisiert.

Auch eine Flut an Unternehmensberichten beschäftigte die Anleger am Donnerstag - mit Licht und Schatten. Die zuletzt vom Kursanstieg verwöhnten Anleger von Rheinmetall stellten durchwachsene Quartalszahlen und eine bestätigte Prognose nicht zufrieden. Für den Kurs ging es um 2,5 Prozent abwärts. Laut dem Experten George McWhirter von der Berenberg Bank enttäuschte das operative Ergebnis und der freie Mittelzufluss.

Bei Infineon verpufften gute Nachrichten, wie der Kursrutsch um drei Prozent zeigte. Hier lobten Händler starke, über den Erwartungen liegende Quartalszahlen und einen angehobenen Ausblick auf das laufende Quartal. Die Branchenstimmung im Sektor wurde aber unter anderem von schwachen Resultaten des US-Halbleiterkonzerns Qualcomm gedämpft. Dies zeigte sich auch beim SDax-Wert Elmos , dessen Kurs trotz ordentlicher Zahlen um sechs Prozent abrutschte.

Auch bei Henkel und Vonovia waren die Reaktionen auf die Quartalsberichte mit Verlusten von bis zu 2,9 Prozent klar negativ. In besonderem Maße galt dies aber für Zalando mit einem Abschlag von fast acht Prozent. Die Papiere des Online-Modehändlers radierten mit dem tiefsten Stand seit Ende 2022 ihr bisheriges Jahresplus aus. Laut der JPMorgan-Expertin Georgina Johanan steht hinter dem Ausblick auf das zweite Quartal ein Fragezeichen - unter anderem wegen den Gefahren, die immer noch hohe Lagerbestände mit sich brächten.

Es gab aber auch positive Ausnahmen im Dax. Bei BMW pendelte sich der Kurs mit 1,3 Prozent im Plus ein, nachdem der Autobauer im Quartal in der Autosparte überraschend profitabel war und ein weiteres milliardenschweres Aktienrückkaufprogramm beschlossen hatte. Auch Volkswagen hat im ersten Quartal besser als erwartet abgeschnitten, hier legten die Papiere immerhin um 0,6 Prozent zu. Die Titel von Mercedes-Benz wurden unterdessen ex Dividende gehandelt.

Die Spitze im Dax gehörte Qiagen mit einem Kursplus von 1,8 Prozent. Bei dem Labordienstleister setzte sich der Umsatz- und Ergebnisschwund wegen der abflauenden Corona-Pandemie zwar fort, laut dem UBS-Experten John Sourbeer überraschte die operative Entwicklung aber positiv. Händler urteilten auch, es sei ermutigend, dass der Jahresausblick trotz durchwachsener Zahlen bestätigt wurde./tih/jha/

- Von Timo Hausdorf, dpa-AFX -