FRANKFURT (dpa-AFX) - Zum großen Verfallstag an den Terminbörsen stehen am Freitag am deutschen Aktienmarkt die Zeichen auf Aufschwung. Mit dem sich anbahnenden Ende des Zinserhöhungszyklus in Europa schöpfen die Anleger neuen Mut. Eine Stunde vor Handelsbeginn signalisierte der X-Dax für den deutschen Leitindex ein Plus von 0,6 Prozent auf 15 903 Punkte. Auch in Europa deutet sich für den Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 zum Auftakt ein ähnlicher Kursanstieg an.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Aktienmärkten in Europa und hierzulande tags zuvor frischen Schwung eingehaucht. Der Dax war auf Wochensicht ins Plus gedreht: Die Notenbanker hatten zwar in ihrer mit äußerster Spannung erwarteten Sitzung den Leitzins noch einmal um 0,25 Prozent hochgesetzt; nach damit zehn Leitzinserhöhungen in Folge dürfte der straffe Anhebungskurs nach Einschätzung von Experten aber ein Ende gefunden haben.

EZB-Präsidentin Christine Lagarde hatte entsprechende Andeutungen gemacht, allerdings sich auch die Tür für weitere Erhöhungen generell offen gelassen. Eine Garantie für ein Ende der Zinserhöhungen gibt es also nicht. "Vermutlich ist der Deckel noch nicht endgültig drauf", glaubt daher Rolf Schäffer von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). "Aber wenn die EZB noch einmal anheben will, wird sie es frühestens im Dezember tun und nicht schon gleich wieder auf dem nächsten Meeting Ende Oktober." Marktbeobachter Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets warnt denn auch die Investoren davor, in Sachen Geldpolitik bereits zu optimistisch zu werden. Das könne sich als Fehler erweisen.

In der kommenden Woche entscheidet nun die US-Notenbank Fed über ihren Leitzins. Der Chefvolkswirt der Commerzbank, Jörg Krämer, geht davon aus, dass anders als in Europa die US-Währungshüter den Leitzins beibehalten - der im Vergleich aber auch bereits höher liegt. "Die Inflation und der Arbeitsmarkt bewegen sich aus der Sicht der Fed in die richtige Richtung, daher dürften weitere Zinsanhebungen nicht notwendig sein", schrieb Krämer. Er erwartet in einer "nicht allzu fernen Zukunft" erste Zinssenkungen in den USA.

Hierzulande könnte es vor dem Wochenende wegen des großen Verfalls an den Terminbörsen zwar noch einmal größere Schwankungen geben, weil größere Investoren die Kurse oft in eine für sie günstige Richtung zu treiben versuchen.

Die Vorgaben von der Wall Street und auch aus Asien sind aber recht gut.

Starke US-Einzelhandelsumsätze hatten gezeigt, wie robust der Konsum auch bei hoher Inflation geblieben ist. Auch aus China gab es positive Konjunkturdaten. Dort legte der Einzelhandelsumsatz und die Industrieproduktion stärker als erwartet zu. Das macht Hoffnung, dass die Konjunkturmaßnahmen der chinesischen Regierung wirken.

Auch in den USA ist die Konjunkturagenda gut gefüllt, im späteren Handelsverlauf stehen dort ebenfalls Daten zur industriellen Produktion an sowie unter anderem zu den Im- und Exportpreisen. Auch wird das von der Universität Michigan ermittelte Verbrauchervertrauen veröffentlicht.

Auf Unternehmensseite dürften sich die Anleger mangels spezifischer Schlagzeilen vorrangig an Analystenempfehlungen orientieren. Ein gestrichenes negatives Votum der US-Bank Goldman Sachs könnte den Kurs des Biotechnologieunternehmens Morphosys beeinflussen. Die Aktie war zur Wochenmitte deutlich angezogen, da ein Mittel der Bayern gegen Gebärmutterkrebs es in ein beschleunigtes Zulassungsverfahren in den USA geschafft hat. Der Morphosys-Kurs hat sich in diesem Jahr bereits mehr als verdoppelt, war allerdings in den drei Jahren zuvor auch auf einen Bruchteil eingebrochen.

Baywa -Papiere könnten wiederum von einem positiven Kommentar der Baader-Experten profitieren, die in einer Ersteinschätzung eine Kaufempfehlung für den Agrarhandelskonzern abgaben. Analyst Rene Rückert sieht in einer am Freitag vorliegenden Studie mehrere Kurstreiber für die Aktien des Agrarhandelskonzerns, der in seinen Augen von Investoren oftmals übersehen werde und zudem unterbewertet sei./tav/mis