PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Europas Börsen haben am Dienstag deutlich zugelegt. Sie reagierten damit auf zurückhaltende Aussagen von US-Währungshütern, die Zinssorgen an den Märkten dämpften und die Anleiherenditen drückten. Der EuroStoxx 50 kletterte am Mittag um 1,62 Prozent auf 4179,23 Punkte.

Der französische Cac 40 gewann unterdessen 1,48 Prozent auf 7124,99 Punkte, während der britische FTSE 100 ("Footsie") um 1,47 Prozent auf 7602,68 Punkte stieg.

Einmal mehr erwies sich die Geldpolitik für die Aktienmärkte als wichtiger als die Politik. "Beruhigende Worte führender US-Notenbanker zur Zinspolitik haben die Sorgen der Anleger vor einer Eskalationsspirale im Nahen Osten zunächst verdrängt", stellte Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Broker RoboMarkets fest. "Die Wahrscheinlichkeit für eine Fortsetzung der Zinspause auch im November steigt und sorgt für geldpolitischen Optimismus im Markt."

Ob aus den aktuellen Gewinnen mehr wird, ist allerdings nicht ausgemachte Sache. Als Taktgeber für die Kurse dürfte sich neben der Geldpolitik die anstehende Berichtssaison erweisen. "Ich glaube, die Unternehmen werden eher konservative Geschäftsausblicke geben, und rechne daher damit, dass die Analysten ihre Prognosen für das Gewinnwachstum 2024 von derzeit mehr als sieben Prozent in den kommenden Wochen reduzieren werden", merkte Anlagestratege Ulrich Stephan von der Postbank an. Dem stehe allerdings die günstige Bewertung der europäischen Aktienmärkte entgegen.

Ungemach droht unterdessen aus Italien. Stephan wies auf die wachsende Rendite-Differenz deutscher und italienischer Staatsanleihen hin. "Auch für 2024 wird Italien wohl mehr Gelder an den Finanzmärkten aufnehmen müssen als bisher erwartet", prognostizierte der Anlagestratege. "Steigende Zinsen bei hohen Defiziten ergeben einen gefährlichen Cocktail."

Die Einzelsektoren in Europa entwickelten sich spiegelbildlich zum Vortag. Die zu Wochenbeginn gefragten Ölwerte lagen nun am Ende der Tabelle, nachdem die Ölpreise ihre deutlichen Gewinne vom Montag nach dem Angriff der Hamas auf Israel nicht ausgebaut hatten. Aktien der Reise- und Freizeitwerte, die am Vortag unter der Entwicklung gelitten hatten, zogen dagegen an.

Gefragt waren zudem zins- und konjunktursensible Werte. Immobilienaktien stiegen deutlich und zeigten sich damit unbeeindruckt von der Lage beim hoch verschulden chinesischen Immobilien-Bauträger Country Garden, der erneut ausstehende Zahlungen nicht geleistet hatte. So zog das Schwergewicht Vonovia um 2,9 Prozent an. Auch die in der vergangenen Woche unter Druck gekommenen Aktien der Luxusgüterhersteller waren gefragt. Richemont kletterten um 3,2 Prozent, Kering stiegen um 2,7 Prozent./mf/men