PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Die europäischen Börsen drohen, eine zunächst unspektakuläre Börsenwoche deutlich schwächer zu beenden. Nach der Seitwärtsbewegung der Vortage ging es am Freitagmittag merklich nach unten. Schwache US-Vorgaben und Sorgen um den Finanzsektor drückten den Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 um 1,59 Prozent auf 4218,02 Punkte. Der Pariser Leitindex Cac 40 gab um 1,46 Prozent auf 7209,18 Punkte nach, während der britische FTSE 100 mit 1,92 Prozent auf 7728,86 Zähler noch stärker verlor.

Die Schwäche des US-Bankensektors hinterließ damit auch an den europäischen Börsen ihre Spuren. Probleme der US-amerikanischen Silicon Valley Bank (SVB) hatten die Nervosität angefacht. Joachim Klement, leitender Stratege der Investmentbank Liberum Capital, sprach von wachsenden Ängsten vor einer Kreditklemme - auch wenn er nicht davon ausgeht, dass die Situation der SVB eine unmittelbare Bedrohung für das europäische Bankensystem darstellt. Notleidende Kredite dürften im laufenden Jahr zwar zunehmen, aber die Reserven der Banken in Europa und den USA seien ausreichend, um mögliche Probleme aufzufangen.

Der anstehende US-Arbeitsmarktbericht verstärkte die Zurückhaltung. "Es stellt sich zunehmend heraus, dass die US-Arbeitsmarktdaten in eine Loose/Loose-Situation hineinlaufen", warnte Marktexperte Andreas Lipkow. "Feste Arbeitsmarktdaten geben der US-Notenbank mehr Spielraum für weitere Zinsanhebungen und schwächere Daten deuten auf eine Konjunkturabkühlung hin."

Unter den Einzelsektoren verzeichneten Banken- und Finanzwerte die höchsten Verluste. Im Schnitt sanken Werte wie Santander und Credit Suisse zwischen drei und fünf Prozent. "Noch scheint die Silicon Valley Bank ein Einzelfall zu sein", betonte Fondsmanager Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners. "Aber wie groß die Ansteckungsgefahren unter Banken sind, das haben frühere Krisen gezeigt. Deshalb reagieren Anlegerinnen und Anleger so sensibel auf die Nachrichten aus Kalifornien."

Die Nachrichten zur SVB kamen zum denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Die Silicon Valley Bank benötigt zur Abfederung von Verlusten aus dem Portfolio eine Milliardenkapitalerhöhung. Die Krise am Markt für Digitalwährungen hatte zuvor mit dem US-Finanzkonzern Silvergate Capital ein Schwergewicht der Branche in die Knie gezwungen.

Die zinssensiblen Immobilienwerte setzten unterdessen ihre Talfahrt der vergangenen Tage fort, auch konjunktursensible Branchen wie Automobile und Einzelhändler schwächelten. Besser hielten sich dagegen die defensiven Branchen, wie etwa Telekommunikation und Nahrungsmittel. Der Telekomsektor profitierte auch von Spekulationen über ein mögliches Zusammengehen von Vodafone und dem Mobilfunkkonkurrenten Three. Die Nachrichtenagentur Bloomberg hatte entsprechend berichtet./mf/mis