PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Die europäischen Aktienmärkte haben am Donnerstag nachgegeben. Sie reagierten mit den Verlusten auf die Anhörung von Fed-Chef Jerome Powell vor dem US-Kongress sowie die Schwäche der Wall Street. Der oberste US-Währungshüter hatte mit seinen Ausführungen die Hoffnungen der Finanzmärkte enttäuscht. "Die Fed will weiter abwarten und hält sich die Möglichkeit weiterer Leitzinsanhebungen offen", stellte Marktanalyst Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets fest. "Viele Anleger hatten dagegen ein klares Signal in Richtung Ende erhofft."

Gegen Mittag verlor der EuroStoxx 50 knapp ein Prozent auf 4280,79 Punkte. Der französische Cac 40 sank um 1,2 Prozent auf 7173,79 Zähler, während der britische FTSE 100 um 0,86 Prozent auf 7494,44 Punkte nachgab. Auch der Schweitzer Aktienmarkt lag im Minus. Die Schweizer Nationalbank hatte den Leitzins auf 1,75 Prozent angehoben und damit den Erwartungen entsprochen. "Die SNB bleibt bei ihrem Wortlaut, wonach nicht auszuschließen sei, dass weitere Zinserhöhungen nötig sein würden", merkte Volkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank an. "Dies ist eine für SNB relativ klare Forward Guidance - eine Zinserhöhung um 25 Basispunkte dürfte im September so gut wie sicher gesetzt sein."

An den Märkten gelte es nun, die Auswirkungen der weltweiten Zinsanhebungen in den Vormonaten abzuwarten, betonte unterdessen Marc Decker, Leiter des Aktienbereichs der Quintet Private Bank. "Dies wird sich negativ auf Gewinne und Margen der Unternehmen auswirken", so Decker. "Dieser Effekt ist jedoch verzögert und wird seine ganze Wirkung erst noch entfalten." Damit bleibe die Frage, wie stark die Folgen für die Wirtschaft sein werden.

Angesichts derartiger Unwägbarkeiten standen die konjunkturabhängigen Autowerte unter Druck. Auch die zinssensiblen Technologieaktien mussten Federn lassen. Das Index-Schwergewicht ASML gab um ein Prozent nach. Der Abwärtsbewegung entziehen konnte sich der Schweizer Nebenwert Logitech. Der Hersteller von Computerzubehör hatte am Vorabend ein neues Aktienrückkaufprogramm über eine Milliarde US-Dollar angekündigt. Die Aktie kletterte um 2,3 Prozent.

Die defensiven Pharmawerte profitierten nicht von der wachsenden Vorsicht an den Märkten. Das Schwergewicht Roche setzte die enttäuschende Entwicklung der vergangenen Monate fort und verlor 0,5 Prozent. Die Deutsche Bank hatte die Einstufung nach einer Investorenkonferenz des Geldinstituts auf "Sell" mit einem Kursziel von 250 Franken belassen.

Besser sah es mit AB Inbev bei einem anderen defensiven Wert aus. Die Aktie gewann 1,3 Prozent, nachdem die Deutsche Bank sie von "Hold" auf "Buy" hochgestuft und das Kursziel von 59 auf 60 Euro angehoben hatte. Analyst Chris Collett begründete seine Kaufempfehlung mit dem Hinweis, dass in der zuletzt unterdurchschnittlichen Kursentwicklung ein dauerhafter Rückgang des US-Geschäfts des Brauereikonzerns bereits einpreist sei./mf/stk