PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Konjunktur- und Zinssorgen bestimmen weiterhin das Bild an Europas Börsen. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 fiel am Donnerstagvormittag um 0,14 Prozent auf 4286 Punkte.

Der französische Cac 40 hielt sich mit 7205 Zählern knapp in der Gewinnzone, während der britische FTSE 100 mit 7624 Punkten ebenfalls kaum verändert war.

Steigende Anleiherenditen trübten erst einmal die Stimmung an den Aktienmärkten, erklärte Analyst Michael Hewson vom Broker CMC Markets UK. Bereits zur Wochenmitte hätten triste Konjunkturdaten aus China sowie die überraschende Leitzinserhöhung in Kanada die Laune gedämpft.

So dürften wichtige Notenbanken im Kampf gegen die hohe Inflation weiter auf eine restriktive Gangart setzen. Die Entscheidung der kanadischen Notenbank habe das Dilemma der Entscheidungsträger deutlich gemacht, erklärt Analyst Charlie Lay von der Commerzbank. Die Notenbanken seien darauf bedacht, die Geldpolitik nicht zu sehr zu straffen, was das Wachstum beeinträchtigen würde. Gleichzeitig bestehe das Risiko einer verfrühten Pause angesichts des robusten Wachstums und der anhaltenden Inflation. Daraus würde sich die Notwendigkeit ergeben, die Zinserhöhungen fortzusetzen und sogar noch energischer zu handeln.

Hinzu kommt, dass der europäische Aktienmarkt seit Herbst 2022 stark gelaufen war - reichlich Vorschusslorbeeren für eine wirtschaftliche Erholung schienen also bereits eingepreist. Wohl auch daher finden sich aktuell erst einmal nur noch wenige Käufer. So liegt der EuroStoxx 50 trotz seines jüngsten Rücksetzers 2023 immer noch fast 13 Prozent im Plus.

Mit Blick aufs Branchentableau lagen am Donnerstag Ölaktien vorne. Ihr Index stieg um 0,9 Prozent, während bei Techwerte erst einmal die Luft raus zu sein scheint. Sie hatten zuletzt stark vom Hype um Künstliche Intelligenz (KI) profitiert. So ging es für den Stoxx Europe 600 Technology im bisherigen Jahresverlauf schon um knapp 23 Prozent nach oben, trotz des Rückschlags um 1,1 Prozent am Donnerstag. Besser gelaufen sind 2023 nur Tourismuswerte, deren Index rund 25 Prozent vorne liegt.

Spitzenreiter im EuroStoxx 50 waren denn auch die Papiere des französischen Ölkonzerns Total mit einem Plus von 1,2 Prozent, während die Aktien des Chipherstellers Infineon , die des Anlagenbauers für die Halbleiterindustrie ASML und die des Online-Zahlungsspezialisten Adyen jeweils um rund zwei Prozent fielen.

In London ging es für die Anteilsscheine des Billigfliefers Wizz Air um gut drei Prozent nach oben, nachdem dessen Geschäftsausblick die Erwartungen übertroffen hatte.

Aktien von Orsted erholten sich mit plus sechs Prozent kräftig von ihrem Tief seit Anfang Mai abgesetzt. Analyst Alberto Gandolf von Goldman Sachs lobte die vorab kommunizierten, mittelfristigen Gewinnziele vom heutigen Kapitalmarkttag des Offshore-Windenergieunternehmens. Gandolfi sieht diese Ziele als möglichen "Kick off" für eine deutlich positivere Wahrnehmung bei den Anlegern.

Novartis-Aktien stiegen indes um rund ein halbes Prozent. Hier steht der Kapitalmarkttag der Generika-Tocher Sandoz im Fokus, die wie schon länger geplant in der zweiten Jahreshälfte abgespalten und an die Börse gebracht werden soll. Sandoz will ihren Gewinn mittelfristig kräftig steigern.

Die Aktien von Rio Tinto gewannen nach einer Empfehlung der Citigroup 1,3 Prozent hinzu. Die Experten sehen hier nach zuletzt unterdurchschnittlicher Kursentwicklung Potenzial. Hinzu kam der Anstieg der Eisenerzpreise, die ihre jüngste Erholung fortsetzten./mis/ag