FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Aktien von Siltronic haben am Freitag mit einem Schlag alle seit Jahresbeginn aufgelaufenen Kursgewinne eingebüßt. Nachdem der Chipindustriezulieferer die Erwartung deutlicher Geschäftseinbußen bekanntgab, sackten die Papiere bis zum Nachmittag um 10,6 Prozent auf 66,90 Euro ab und fielen auf das Niveau von November. Damit waren sie mit Abstand der schwächste Wert im MDax der mittelgroßen Werte, der rund 1 Prozent verlor.

Siltronic rechnet 2023 wegen einer schwächeren Nachfrage mit deutlich weniger Gewinn und operativem Ergebnis. Chiphersteller wie Intel , AMD und der weltgrößte Auftragsfertiger TSMC bekommen aktuell das Schrumpfen des PC-Marktes zu spüren, und auch beim Kauf von Unterhaltungselektronik werden viele Verbraucher wegen der hohen Inflation und Konjunktursorgen vorsichtiger.

Hinzu kommt, dass Unternehmen aus vielen Industrien während der Chipengpässe der vergangenen beiden Jahren oft doppelt bestellt haben, um überhaupt beliefert zu werden. Nach der Normalisierung vieler Lieferketten und wegen der Kaufzurückhaltung vieler Menschen dürften sie und die Chiphersteller jetzt teils auf vollen Lagern sitzen. Diese Bestände dürften nun erst einmal abgebaut werden, bevor die Kunden neue Siliziumwafer bei der Beteiligung von Wacker Chemie bestellen. Dessen Anteilscheine verloren nach zuletzt gutem Lauf 3,6 Prozent.

Zudem stiegen bei Siltronic die Kosten inflationsbedingt. Umsatz und operative Gewinnmarge vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen dürften daher deutlich unter den Werten von 2022 liegen. Analysten hatten im Mittel bislang eine bessere Entwicklung erwartet.

Ein Börsianer verwies darauf, dass sich das Unternehmen jüngst mit den vorläufigen Zahlen zum vierten Quartal noch optimistisch zum Anfangsquartal geäußert habe. Entsprechend groß sei am Markt jetzt die Enttäuschung.

Der Experte Constantin Hesse vom Analysehaus Jefferies schrieb, der Ausblick des Wafer-Herstellers enttäusche. Die Markterwartungen könnten um etwa ein Viertel sinken. Die geringe Bewertung sollte aber das Abwärtspotenzial für die Aktien begrenzen.

Das charttechnische Bild hat sich nach dem Kursrutsch zum Wochenschluss weiter verdüstert. Nachdem die Papiere zuletzt bereits unter wichtige kurz- und mittelfristige Unterstützungslinien gefallen waren, sackten die Anteilscheine nun deutlich unter die 200-Tage-Durchschnittslinie. Diese beschreibt den langfristigen Trend./la/jsl/he