FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Aussicht auf höhere Gewinne hat die seit Monaten vor sich hin dümpelnden Aktien von RWE zur Wochenmitte angetrieben. Die Papiere des Energiekonzerns waren am Mittwoch zwischenzeitlich um bis zu 3 Prozent gestiegen und hatten damit den höchsten Stand seit Ende Mai erreicht. Gegen Mittag stand noch ein Plus von 2,3 Prozent auf 40,86 Euro zu Buche. Damit setzten sich die Anteilsscheine an die Dax-Spitze . Der deutsche Leitindex verlor 0,7 Prozent.

Nach einem unerwartet starken zweiten Quartal hob RWE seine Ziele für 2023 an. Das Management erwartet nun einen bereinigten Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 7,1 bis 7,7 Milliarden Euro, statt 5,8 bis 6,4 Milliarden. Die Ergebnisbeiträge aus dem Geschäftsbereich Wasser, Biomasse und Gas sowie dem Energiehandel dürften dabei höher ausfallen als bislang gedacht.

Analyst Sam Arie von der Schweizer Großbank UBS schrieb, die Erhöhung der Jahresziele komme generell nicht unerwartet, das Ausmaß aber sei deutlich. Auch andere Experten zeigten sich zwar nicht vollkommen überrascht, äußerten sich jedoch generell positiv zu den Aussichten für die RWE-Papiere. Analyst Robert Pulleyn von der US-Bank Morgan Stanley etwa zeigte sich überzeugt, dass die Markterwartungen mit Blick auf den Gewinn je Aktie deutlich steigen sollten.

Analyst Werner Eisenmann von der DZ Bank resümierte, die seit Jahren zu beobachtende Serie an Prognoseerhöhungen setze sich fort. Dabei profitiere RWE von dem starken Handel und der flexiblen Produktion. Mit der durch Übernahmen nochmals verbesserten Aufstellung in vielen attraktiven Bereichen und Regionen sowie der soliden Bilanz sei der Konzern zudem hervorragend positioniert, um von den Megatrends im Sektor profitieren zu können. Dazu zählten die Themen Erneuerbare Energien, Wasserstoff und Energiespeicher.

Auch die von RWE präsentierten Eckdaten wurden von Experten unter dem Strich gelobt. Ein Händler sprach von einem starken Gewinnwachstum im Kerngeschäft. Analyst Alberto Gandolfi von der US-Bank Goldman Sachs betonte, dass RWE im ersten Halbjahr bereits etwa 90 Prozent des vom Markt bislang für das Gesamtjahr erwarteten Nettogewinns erwirtschaftet habe.

UBS-Analyst Arie ergänzte, RWE habe im Geschäft mit Biomasse, Gas und Wasserstoff sowie auch im Stromhandel erneut stark abgeschnitten. Das Segment Wind- und Solarenergie an Land habe die Erwartungen derweil verfehlt.

Mit dem Kursanstieg am Mittwoch konnten die RWE-Aktien ihre bislang eher maue Entwicklung seit Jahresbeginn etwas aufpolieren. So haben die Papiere in diesem Zeitraum noch um knapp 2 Prozent nachgegeben, während der Dax um fast 16 Prozent gestiegen ist. Auch das charttechnische Bild hat sich aufgehellt. So haben sich die Papiere von RWE nun von allen wichtigen Durchschnittslinien nach oben abgesetzt, die den kurz-, mittel- und langfristigen Trend beschreiben.

Generell befinden sich die Anteilsscheine des Energiekonzerns bereits seit 2016 im Aufwärtstrend. Im September 2015 hatten die Aktien mit rund 9 Euro ein Rekordtief erreicht. Bei RWE waren wie in der gesamten Branche die Gewinne vor allem in der Erzeugung damals deutlich eingebrochen. Grund waren die mit der Energiewende stark gesunkenen Börsenstrompreise. Damals sorgten sich die Anleger außerdem um die Rückstellungen des Konzerns im Zusammenhang mit der Atomkraft. Inzwischen konzentriert sich RWE überwiegend auf mit grünem Strom verbundene Geschäfte./la/lew/jha/